15.05.2012: Die Preisträger der Goethe-Medaille 2012:
Irena Veisaitė, Bolat Atabayev und Dževad Karahasan
Das Goethe-Institut verleiht am 28. August 2012 in Weimar zum 58. Mal die Goethe-Medaille. Damit ehrt es Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise um die Vermittlung der deutschen Sprache sowie den internationalen Kulturaustausch verdient gemacht haben. Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts, übergibt den offiziellen Orden der Bundesrepublik Deutschland im Weimarer Residenzschloss in diesem Jahr an die litauische Literatur- und Theaterwissenschaftlerin Irena Veisaitė, den kasachischen Theaterregisseur Bolat Atabayev und den bosnischen Schriftsteller Dževad Karahasan. Die Laudationes halten: die Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann, der Mitbegründer und künstlerische Leiter des Theaters an der Ruhr Helmut Schäfer und der Autor Martin Mosebach.
Mit der Goethe-Medaille ehrt das Goethe-Institut in diesem Jahr herausragende Persönlichkeiten aus Gesellschaften, die durch die Umwandlung und Auflösung ihrer nationalstaatlichen Gefüge zutiefst geprägt wurden. „Die Preisträger sind in Berührung gekommen mit Krieg, Repression, Verfolgung und Vertreibung. In ihrem kulturellen Schaffen treten sie für eine offene Aufarbeitung nationaler Traumata ein und thematisieren auch gegenwärtige gesellschaftliche Schwierigkeiten. Sie zeigen Zivilcourage, erheben mutig ihre Stimme und glauben an die Macht des Wortes,“ heißt es in der Begründung der Auswahlkommission.
Irena Veisaitė ist eine der herausragenden litauischen Intellektuellen. Sie wurde 1928 in Kaunas geboren und gehört zu den wenigen jüdischen Überlebenden des Holocaust in Litauen. Veisaitė ist immer für Versöhnung und Zusammenarbeit eingetreten und hofft bis heute auf einen gemeinsamen jüdisch-litauischen Blick auf die Geschichte. Veisaitė ist Mitbegründerin der litauischen Soros-Stiftung, deren Vorsitzende sie zehn Jahre war. Zudem war sie Leiterin des Thomas-Mann-Zentrums zur Förderung der deutschen Literatur und Sprache sowie Kuratoriumsmitglied des Thomas-Mann-Festivals. Sie veröffentlichte über 200 Artikel in der litauischen und ausländischen Presse, ist Mitautorin zahlreicher Lehrwerke und Herausgeberin einiger Bücher. Veisaitė hat sich in der Kulturszene von Vilnius für die Vernetzung mit deutschen Kulturorganisationen eingesetzt und nach der Unabhängigkeit Litauens viele Projekte des Kulturaustauschs initiiert. Als Jüdin in Litauen von den Nazis verfolgt und noch heute dort lebend, setze sie sich für Versöhnung und den Kulturdialog mit Deutschland ein, so die Auswahlkommission. Sie habe sich unter Lebensgefahr immer für Kultur stark gemacht. Das Wort sei für sie Lebensstrategie. Für ihr Lebenswerk als treibende Kraft im deutsch-litauischen Kulturaustausch, ihre Kreativität und ihren politischen Mut auch Unbequemes anzusprechen, wird Irena Veisaitė mit der Goethe-Medaille geehrt.
Der kasachische Theaterregisseur Bolat Atabayev wird für sein Lebenswerk mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. Mit seiner unkonventionellen Bühnenarbeit und seinem freien Stil zeige er Mut, Neues zu schaffen, so die Begründung der Auswahlkommission. Früh gewährte ihm die Nachbarschaft zur deutschen Minderheit einen Zugang zur deutschsprachigen Kultur und durch mehrere Deutschlandaufenthalte erhielt Atabayev Impulse für seine Arbeit. In seinem deutschsprachigen Stück „Lady Milford aus Almaty“ thematisiert der Mitbegründer des Deutschen Theaters in Almaty das Schicksal einer deutsch-kasachischen Schauspielerin, die nach Deutschland emigrierte und keine qualifizierte Arbeit fand. Es wurde in beiden Ländern aufgeführt und erfüllte so eine wichtige Brückenfunktion für die deutsch-kasachischen Theaterbeziehungen. Vor einigen Jahren gründete Atabayev sein eigenes Theater „Aksarai“, das die Theaterlandschaft Zentralasiens mit neuen künstlerischen Ausdrucksmitteln bis heute bereichert. Mit der Goethe-Medaille will das Goethe-Institut nicht nur seine Verdienste um die deutsch-kasachischen Theaterbeziehungen anerkennen, sondern Bolat Atabayev auch als einen mutigen Kämpfer für demokratische Strukturen ehren.
Dževad Karahasan ist der bedeutendste bosnische Schriftsteller der Gegenwart. „Ich bin Schriftsteller, meine Aufgabe ist es zu verstehen und nicht zu verurteilen“, sagt Karahasan über sich selbst. Seine starke Verbindung zur deutschen Sprache, in der er heute auch schreibt, begann 1993, als Karahasan das umkämpfte Sarajevo verließ und als Gastdozent an der Universität Salzburg und später als Lektor in Göttingen tätig war. Mit einem Stipendium des DAAD ging Karahasan nach Berlin und wurde später Stadtschreiber von Graz, das neben Sarajevo zu seiner Wahlheimat geworden ist. Durch seine auf Dialog, Vermittlung und Konfliktlösung ausgerichtete literarische Stimme erreicht Karahasan Gehör über die Grenzen Bosnien und Herzegowinas hinaus; einem Land das nach dem Zerfall von Jugoslawien und dem Krieg immer noch um seinen inneren Zusammenhalt und um seinen Weg in die europäische Gemeinschaft ringt. Karahasans Romane „Der östliche Divan“ oder „Tagebuch der Aussiedlung“ als auch Theaterstücke und Hörspiele plädieren für Toleranz und verbinden Tradition und Moderne sowie Orient und Okzident. Der virtuose Erzähler Dževad Karahasan wird als Brückenbauer zwischen deutschsprachigen Ländern und Bosnien und Herzegowina sowie für sein Engagement für die europäische Verständigung mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.
Die Festrede anlässlich der Verleihung der drei Goethe-Medaillen hält Klaus-Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts. Die Laudationes auf die Preisträger halten die Professorin für Literaturwissenschaft und Anglistik an der Universität Konstanz Aleida Assmann (Irena Veisaitė), der Mitbegründer und künstlerische Leiter des Theaters an der Ruhr Helmut Schäfer (Bolat Atabayev) und der Autor Martin Mosebach (Dževad Karahasan). Gemeinsam mit „pèlerinages“ Kunstfest Weimar veranstaltet das Goethe-Institut am Tag vor der Verleihung ein Gespräch mit den drei Preisträgern: Am Montag, den 27. August 2012, diskutieren Irena Veisaitė, Bolat Atabayev und Dževad Karahasan mit Christina von Braun, Kulturwissenschaftlerin und Vize-Präsidentin des Goethe-Instituts, die Funktion von Kunst und Kultur als oppositionelle und versöhnliche Kräfte in konfliktgeprägten Umfeldern.
Die Goethe-Medaille wurde 1954 vom Vorstand des Goethe-Instituts gestiftet und 1975 von der Bundesrepublik Deutschland als offizieller Orden anerkannt. Von 1992 bis 2008 wurde sie jährlich anlässlich des Todestags Goethes in Weimar verliehen. 2009 fand die Verleihung erstmals am 28. August, dem Geburtstag Goethes, statt.
Seit der ersten Verleihung 1955 sind insgesamt 329 Persönlichkeiten aus 61 Ländern geehrt worden. Zu den Preisträgern gehören unter anderen Adonis, Daniel Barenboim, Pierre Bourdieu, David Cornwell alias John le Carré, Sir Ernst Gombrich, Lars Gustafsson, Agnés Heller, György Ligeti, Ariane Mnouchkine, Sir Karl Raimund Popper, Jorge Semprún, Billy Wilder oder Helen Wolff.
Die Verleihung wird in enger Partnerschaft mit der Klassik Stiftung Weimar und der Stadt Weimar veranstaltet. Das Gespräch mit den drei Preisträgern ist eine Kooperation mit „pèlerinages“ Kunstfest Weimar.
Programm
Montag, 27. August 201219 Uhr:
Gespräch mit den drei Preisträgern der Goethe-Medaille und der Kulturwissenschaftlerin Christina von Braun
Titel: „Was kann das Wort?“
Goethe- und Schiller-Archiv
Hans-Wahl-Str. 4
99425 Weimar
Dienstag, 28. August 2012
11 Uhr:
Festakt zur Verleihung der Goethe-Medaille im Residenzschloss Weimar
Burgplatz 4
99423 Weimar
Bitte akkreditieren Sie sich bis spätestens 21. August 2012:
Anmeldung
Am Vormittag des 27. August besteht die Möglichkeit für ausführliche Pressegespräche mit den drei Preisträgern.
Hier finden Sie die Pressemappe zum Download:
www.goethe.de/mmo/priv/9324010-STANDARD.pdf
Umfangreiche Informationen zur Goethe-Medaille finden Sie außerdem unter:
www.goethe.de/goethe-medaille
Kontakt:
Christoph Mücher
Pressesprecher und
Bereichsleiter Kommunikation
Goethe-Institut Zentrale
Tel.: +49 89 15921 249

Caroline Meurer
Kommunikation "Goethe-Medaille"
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906 406
