13.06.2012: Fiktion Okzident - Eine Intervention zur deutsch-türkischen Kulturgeschichte
Wie kann eine Zukunft unserer Gesellschaft aussehen, in der der Einzelne nicht zuerst durch ethnische, religiöse oder kulturelle Zugehörigkeit definiert wird, sondern durch seinen Beitrag als Person und Staatsbürger? Wie können wir das terminologische Handwerkszeug von Migration, Integration, Multikulturalismus und allen „Post-Theorien“ ablösen zugunsten eines Selbstverständnisses, das durch Neugier, Offenheit, Auseinandersetzung und Kreativität geprägt ist? Diesen Fragen widmet sich die Konferenz „Fiktion Okzident“ am 29. und 30. Juni in Berlin.
Konferenz am 29. und 30. Juni 2012
Ort: Max Liebermann Haus, Pariser Platz 7, 10117 Berlin–Mitte
Eine Veranstaltung des Goethe-Instituts Istanbul in Zusammenarbeit mit der Stiftung Brandenburger Tor und der Akademie der Künste Berlin, ermöglicht durch die Stiftung Mercator.
Fiktion Okzident nimmt seinen Ausgangspunkt in den historisch gewachsenen Stereotypen, den gegenseitigen Projektionen und Wahrnehmungsmustern zwischen Türken und Deutschen, die den kulturellen und gesellschaftlichen Alltag auch heute noch mitbestimmen. Dabei verändert sich Deutschland produktiv und nachhaltig durch die türkischen Zuwanderer und die dadurch ausgelösten kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Das gleiche gilt für die Türkei, auf die diese Prozesse zurückwirken. Fiktion Okzident thematisiert diese engen und komplexen Verflechtungen und stellt sie in einen europäischen und kulturtheoretischen Zusammenhang. Der Dialog zwischen Wissenschaft, Kunst und Politik rückt das Potential einer deutsch-türkischen Geschichte ins Zentrum eines neuen Denkens und Handelns. Dabei wird gerade die Kunst zu einem Feld der Neubestimmung von Identitäten und Handlungsstrategien. Vier künstlerische Positionen aus der gleichnamigen Istanbuler Ausstellung umrahmen das Symposium, das von einem Werkstattprogramm für Kinder und Jugendliche begleitet wird.
Die Teilnahme an der Konferenz und den Workshops ist kostenfrei.
Freitag, 29. Juni, 18 bis 21 Uhr
Verbindliche Anmeldung bis 25. Juni erbeten:
info@stiftungbrandenburgertor.de
Am Eröffnungsabend spricht Wolf Lepenies zum Thema Nomads have become more important than natives – Europa im Zeitalter der Mobilität und die Politik des Übersetzens. Cem Özdemir beschreibt die Entwicklung Vom Gastarbeiter zum neuen Republikaner als Zukunft einer europäischen Gesellschaft aus dem Geist der Vielfalt.
Samstag, 30. Juni, 10 bis 17 Uhr
Am Samstag, 30. Juni, unterhalten sich Zafer Şenocak und Johannes Odenthal: Die Aufklärung hat erst begonnen. Wie die kulturelle Vielfalt in Deutschland unser Selbstverständnis verändert. Özkan Ezli und Neco Çelik sprechen über Die Überwindung von kultureller Migration als Differenz und plädieren Für neue kulturelle Sprachen in Deutschland. Çetin Güzelhan spricht über Ein Jahrhundert deutsch-türkischer Kulturaustausch. Im Anschluss moderiert Johannes Odenthal ein Künstlergespräch mit Neco Çelik, Nezaket Ekici, Ali Kepenek und Sedat Mehder.
Weitere Informationen finden Sie unter www.stiftung.brandenburgertor.de
Biografien Neco Çelik, geboren 1972 in Berlin, ist Filmemacher und Theaterregisseur. 1993 bis 2008 arbeitete er als Medienpädagoge im Jugendzentrum Naunynritze in Berlin-Kreuzberg, 2008 bis 2010 war er Hausregisseur im Ballhaus Naunynstrasse. Bekannt wurde Çelik mit dem Stück Schwarze Jungfrauen von Feridun Zaimoğlu am Hebbel-Theater in Berlin.
Nezaket Ekici, geboren 1970 in Kirsehir, lebt seit 1973 in Deutschland. Sie studierte Kunstpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie Freie Kunst und Performance bei Marina Abramović an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Özkan Ezli, geboren 1975 in Haslach im Kinzigtal, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter im Exzellenzcluster Kulturelle Grundlagen von Integration der Universität Konstanz. Sein derzeitiger Forschungsschwerpunkt ist das Narrativ der Migration in der deutsch-türkischen Literatur, im Film und in der Religion in Deutschland.
Çetin Güzelhan, geboren 1961 in Gaziantep, Kunsthistoriker und Kurator zahlreicher Ausstellungen, unter anderem von Istanbul Next Wave (2009) und Fiktion Okzident (2011/12).
Ali Kepenek, geboren 1968 in Sivas, lebt und arbeitet als Fotokünstler in Berlin, London und New York. Seine radikalen Motive sind Clubs, Nachtbars, religiöse Ikonen, aber auch Motive aus der schwulen Szene oder dem Berliner Nachtleben. Seine Fotos sind u.a. in Cosmopolitan, Harper´s Bazaar, Stern, Süddeutsche Zeitung Magazin und Vogue erschienen.
Wolf Lepenies, geboren 1941 in Deuthen bei Allenstein, ist Soziologe, Historiker und wissenschaftlicher Schriftsteller. Von 1986 bis 2001 war er Rektor des Wissenschaftskolleg zu Berlin. Wolf Lepenies erhielt zahlreiche Preise, unter anderem den Alexander von Humboldt-Preis und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Sedat Mehder, geboren 1970 in der Bergarbeiterstadt Zonguldak am Schwarzen Meer, kam mit einem Jahr ins Ruhrgebiet. Von 1994 bis 2000 studierte er Fotodesign an der Fachhochschule Dortmund. 1999 zog er nach Berlin, wo er Fotochef des neu gegründeten ersten deutschtürkischen Lifestyle Magazins ETAP wurde. Seit 1995 fotografiert Mehder für DIE ZEIT.
Johannes Odenthal, geboren 1956 in Köln, ist Programmbeauftragter der Akademie der Künste Berlin, Herausgeber von Steidl / POSITIONEN Türkei sowie Projektleiter von Fiktion Okzident.
Cem Özdemir, geboren 1965 in Bad Urach, ist seit 2008 Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Von 1994 bis 2002 war er erster Abgeordneter türkischer Herkunft im Bundestag. Zahlreiche Publikationen, unter anderem Currywurst und Döner - Integration in Deutschland (1999) und das Jugendbuch Die Türkei, Politik, Religion, Kultur (2009).
Zafer Şenocak, geboren 1961 in Ankara, veröffentlicht seit 1979 Gedichte, Essays und Prosa in deutscher Sprache. Er lebt seit 1990 als freier Schriftsteller in Berlin. Sein Erzählwerk umkreist das Verhältnis Orient-Okzident, seine Essays zu interkulturellen Fragestellungen erscheinen in der taz und der Welt. 2011 veröffentlichte er das Buch Deutschsein.
Kontakt:
Viola Noll
Pressereferentin
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 89 15921 249
noll@goethe.de
Margarete Schwind
Pressekontakt
Schwind Kommunikation
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 30 31 99 83 20
ms@schwindkommunikation.de