13.07.2012: Startschuss für Kulturakademie Tarabya
Am Donnerstag (12.07.) ist im Goethe-Institut in Berlin erstmals die Jury zur Auswahl der Stipendiaten der Kulturakademie Tarabya (Türkei) zusammengetreten. Die Stipendien richten sich an Künstlerinnen, Künstler, Kulturakteurinnen und Kulturakteure aus allen Sparten. Als erste Stipendiaten ab September 2012 wurden ausgewählt: Annika Eriksson (Foto- und Videokunst), Gerhard Falkner (Literatur), Martina Priessner (Film), Marianna Salzmann (Literatur) und Marc Sinan (Musik).
„Die erste Sitzung der Jury zur Vergabe der Stipendien ist nach der Eröffnung am 13. Oktober 2011 der nächste wichtige Schritt für die Kulturakademie Tarabya in Istanbul“ betonte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, MdB. „Tarabya soll zu einem Ort werden, der dem Kulturdialog zwischen Deutschland und der Türkei neue Impulse verleiht. Ich freue mich über die gelungene Auswahl der namhaften Jury, die dazu beitragen wird, den Namen der Kulturakademie zu prägen und sie als wichtige Einrichtung für den deutsch-türkischen Kulturaustausch zu etablieren.“
Der Vorsitzende des Akademiebeirats, der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Steffen Kampeter, MdB, sagte: „Die Jury hat mit den gestern von ihr benannten Stipendiatinnen und Stipendiaten der Kulturakademie Tarabya eine überzeugende Wahl getroffen. Die vielseitige Zusammensetzung des ersten Stipendienjahrgangs lässt ebenso vielseitige Arbeiten erwarten.“ Er setze darauf, dass die Stipendiaten die bereits hergerichteten Räume in der Kulturakademie Tarabya im Herbst beziehen und ihre praktische Arbeit im deutsch-türkischen Kontext aufnehmen könnten.
Im Akademiebeirat ist das Goethe-Institut durch seinen Präsidenten Klaus-Dieter Lehmann vertreten. Er sagte anlässlich der Stipendienvergabe: „Das Goethe-Institut ist seit 1959 in Istanbul tätig – mit der kuratorischen Verantwortung für die Kulturakademie Tarabya erschließen sich neue und aufregende Möglichkeiten für unsere Arbeit vor Ort. Zusätzlich verleiht sie den weltweiten Residenzprogrammen des Goethe-Instituts neuen Glanz. Ich freue mich schon jetzt auf die ersten Projekte und Initiativen vom Bosporus.“
Kulturakademie Tarabya
Untergebracht ist die Akademie in der ehemaligen Sommerresidenz des deutschen Botschafters in Tarabya bei Istanbul. Das Gelände war ein Geschenk des osmanischen Sultans Abdülhamid II. an den letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1880. Da die Schenkungsurkunde die Deutschen zur diplomatischen Nutzung des Geländes verpflichtet, liegt die Leitung bei der Deutschen Botschaft Ankara, die kuratorische Verantwortung beim Goethe-Institut. Das deutsche Kulturinstitut betreut die Stipendiaten, vermittelt und pflegt Kontakte vor Ort und führt ein Begleitprogramm durch, in dessen Rahmen Tarabya zu Konzerten, Lesungen und Konferenzen einladen wird. Die Idee, in Tarabya eine Kulturakademie zu gründen, kam 2008 vom Deutschen Bundestag. Im Herbst 2011 fand die feierliche Eröffnung der Kulturakademie Tarabya in Anwesenheit des türkischen Außenministers Ahmet Davutoğlu und des Bundesaußenministers Guido Westerwelle statt.
Stipendien
Die Stipendienlaufzeit beträgt zwischen drei und zehn Monaten und wird von der Jury im Einvernehmen mit den Stipendiaten bei der Vergabe des Stipendiums festgelegt. Die Anzahl der zu vergebenden Stipendien ist abhängig von der Dauer der einzelnen Aufenthalte. Eine Bewerbung für die Stipendien ist nicht möglich.
Jury und Beirat
Die fünf Mitglieder der Jury sind der Kurator und Kunsthistoriker David Elliott, die Schauspielerin Sibel Kekilli, die Theatermacherin Shermin Langhoff, der Komponist und Musikwissenschaftler Wolfgang Rihm sowie der Lyriker und Übersetzer Joachim Sartorius, der auch der Jury-Vorsitzende ist.
Die Jury wurde vom Beirat der Kulturakademie unter Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen, Steffen Kampeter, berufen. Dem Beirat gehören Vertreter des Bundestages, des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Goethe-Instituts und des Auswärtigen Amts an. Der Akademiebeirat berät auch über die konzeptionellen Leitlinien für die Kulturakademie.
Weitere Informationen unter:
www.goethe.de/istanbul
www.istanbul.diplo.de
Kurzbiografien der Stipendiaten
Annika Eriksson: Die in Schweden geborene Videokünstlerin und Fotografin lebt und arbeitet in Berlin. Zu ihren jüngsten Arbeiten gehört: Maximum Happiness für „Yes, No and Other Options“, Sheffield Biennale 2008. Die für 2012 geplanten Aktivitäten: „The Best of Times, The Worst of Times. Rebirth and Apocalypse in Contemporary Art“, Kiev Biennale; „When Attitudes Became Form Becomes Attitudes“ im Wattis Institute for Contemporary Art, San Francisco, sowie eine Einzelausstellung in der Galerie Krome. Erikssons neue Videoarbeit „It did happen soon“ geht auf Recherchen zu den Schriften und Erfahrungsberichten der legendären Berliner Kommune 1 zurück, die oft als die erste politisch motivierte Wohngemeinschaft in Deutschland beschrieben wird.
Gerhard Falkner: Mitte der 1970er Jahre veröffentlichte der Autor seine ersten Gedichte und Prosen. Es folgten Gedichtbände, Essays sowie diverse Bühnenwerke. In einem Thesenwerk „Über den Unwert des Gedichts“ setzte sich Falkner mit dem Rückzug aus dem Literaturbetrieb und der gegenwärtigen Verfassung deutscher Literatur auseinander. Falkner zeichnete sich zudem als literarischer Übersetzer aus. Zuletzt übersetzte er in Zusammenarbeit mit seiner Frau Nora Matocza den 2012 erschienenen Kult-Roman „Only Revolutions“ von Mark Z. Danielewskis. Derzeit schreibt der mehrfache Preisträger als Auftragsarbeit für die Staatlichen Museen zu Berlin Gedichte für die auf dem Fries des Pergamonaltars dargestellten Gigantomachie.
Martina Priessner: Priessner studierte Kultur- und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und arbeitete über zehn Jahre als Journalistin vor allem für den Hörfunk. Sie ist Mitgründerin des transkulturellen Netzwerks Kultursprünge und organisierte das Filmfest und Symposium „Europe in Motion: Moving Images, Shifting Perspectives in Transcultural Cinema“ (Berlin 2004). Von 1998 bis 2007 war sie als Kuratorin und Redakteurin für das Filmfestival Türkei/Deutschland aktiv. Von 2008 bis 2010 arbeitete sie als Dramaturgin und Kuratorin am Ballhaus Naunynstraße in Berlin. Zusammen mit Tunçay Kulaoğlu entstanden die Kurzfilme „Rasur“ (2006) und „Die sechs Tage von Adem und Eva“ (2008). „Wir sitzen im Süden“ ist ihr erster abendfüllender Dokumentarfilm. Für ihr neues Projekt „A Road named Desire” hat sie ein Stipendium des Nipkow-Programms erhalten.
Marianna Salzmann: Die Schriftstellerin Marianna Salzmann veröffentlichte zunächst Kurztheaterstücke und begründete das Kultur- und Gesellschaftsmagazins „freitext“ mit. Bereits während ihres Studiums arbeitete sie bei diversen Theaterproduktionen mit und brachte später auch eigene Stücke auf die Bühne. Für „Weißbrotmusik“ wurde die gebürtige Russin mit dem exil-DramatikerInnenpreis 2009 ausgezeichnet. In diesem Jahr erhielt sie den Kleist-Förderpreis für junge Dramatiker.
Marc Sinan: Der Gitarrist und Komponist türkisch-armenischer Abstammung studierte unter anderem bei Eliot Fisk und Joaquin Clerch am Mozarteum in Salzburg und am New England Conservatory of Music in Boston. Bis 2003 unterrichtete er an der Musikhochschule Augsburg. 1994 erschien seine Debüt-CD „A Royal Christmas - Marc Sinan and the Royal Philharmonic Orchestra“. 2008 debütierte er beim Münchner Label ECM mit seinem Projekt „Fasil“ – einer Zusammenarbeit mit der Komponistin und Pianistin Julia Hülsmann und dem Autor Marc Schiffer. 2010 komponierte er die musikalische Installation für 20 Musiker und Videoinstallation „Hasretim - Eine anatolische Reise“. Gemeinsam mit den Dresdner Sinfonikern erhielt er dafür 2011 den Sonderpreis der Deutschen UNESCO Kommission.
Kurzbiografien der Jury-Mitglieder
David Elliott: Der britische Kurator hat mehrere Museen der modernen und zeitgenössischen Kunst geleitet, darunter das Istanbul Museum of Modern Art und lehrte Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Museum Studies an der Chinesischen Universität in Hong Kong. Der Kulturhistoriker, dessen Hauptinteresse in der zeitgenössischen Kunst, der Russischen Avantgarde und der Kunst Zentral- und Osteuropas liegt, hat zahlreiche Kunstausstellungen kuratiert und ist ein hervorragender Kenner der zeitgenössischen Kunst in Deutschland und in der Türkei.
Sibel Kekilli: Die Schauspielerin wurde durch ihre Hauptrolle in Fatih Akins „Gegen die Wand“ (2004) bekannt, für die sie zahlreiche nationale und internationale Preise und Auszeichnungen erhielt. Als beste Schauspielerin wurde sie 2010 für ihre Rolle in dem Kinofilm „Die Fremde“ bei mehreren Festivals geehrt. Der Film wurde als deutscher Beitrag für einen Oscar in der Kategorie „Bester nicht englischsprachiger Film“ nominiert. Einem internationalen Fernsehpublikum wird Kekilli derzeit in der Serie „Game of Thrones“ bekannt. In diesem Jahr ist sie für ihre Darstellung im Kieler Tatort als Beste Schauspielerin für den Bayerischen Fernsehpreis nominiert.
Shermin Langhoff: Die Theaterleiterin war zunächst lange Jahre beim Film, bis sie von 2004 bis 2008 als Kuratorin am Berliner Theater Hebbel Am Ufer (HAU) tätig war. Die gebürtige Türkin förderte viele Talente der deutsch-türkischen zweiten und dritten Einwanderergeneration. 2008 gründete sie das postmigrantische Theater im Ballhaus Naunynstraße. Die mehrfache Preisträgerin (u.a. KAIROS-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. und Jahrespreis für Völkerverständigung der Helga und Edzard Reuter-Stiftung) übernimmt 2013 gemeinsam mit dem Dramaturgen Jens Hillje die Intendanz des Maxim Gorki Theaters in Berlin.
Wolfgang Rihm: Der Komponist und Musiktheoretiker, der unter anderem bei Karlheinz Stockhausen lernte, ist seit 1985 Professor für Komposition an der Musikhochschule in Karlsruhe und leitet das dortige Institut für neue Musik. Rihm hat in mehreren Kuratorien und Gremien mitgewirkt und wurde mit zahlreichen renommierten Auszeichnungen geehrt. Durch die Arbeit mit seiner ehemaligen Studentin, der in Deutschland lebenden türkischen Komponistin Zeynep Gedizlioğlu, ist er sehr mit der zeitgenössischen türkischen Musikszene vertraut.
Joachim Sartorius: Der Lyriker, Übersetzer und Publizist verbrachte bis 1986 zwei Jahrzehnte im diplomatischen Dienst in New York, Istanbul und Nikosia. Von 1996 bis 2000 war er Generalsekretär des Goethe-Instituts, von 2001 bis Ende 2011 war er Intendant der Berliner Festspiele. Sartorius hat zahlreiche Auszeichnungen für seine kulturellen Verdienste erhalten. Sein lyrisches Werk wurde in etliche andere Sprachen übersetzt. 2009 erschien sein Buch „Die Prinzeninseln“, in dem er nicht nur sein Wissen über die Istanbul vorgelagerte Inselgruppe, sondern der gesamten türkischen Geschichte und Kultur offenbart.
Kontakt:
Christoph Mücher
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