02.12.2015: Jahrespressekonferenz des Goethe-Instituts
Goethe-Institut: Schnelle Hilfe und langer Atem
Das Jahr 2015 stand auch für das Goethe-Institut im Zeichen der aktuellen Flüchtlingssituation. Die größte deutsche Kulturmittlerorganisation leistet mit ihren Programmen im In- und Ausland einen Beitrag zur Integration in Deutschland und eröffnet mit Kultur und Bildung Perspektiven in den Herkunftsregionen der Flüchtlinge. Ein Kunstprojekt in Russland setzt sich mit „verlorenen und geschwärzten Texten“ auseinander. Außerdem startet das Goethe-Institut 2016 mit dem „Kultursymposium Weimar“ ein neues Format, das die Stadt an drei Tagen im Juni mit rund 300 Teilnehmern und 60 Veranstaltungen bespielen wird.
Der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann sagte: „Weltweit haben sich die Parameter unserer Arbeit verändert. Das Goethe-Institut hat in den vergangenen Jahren in Ägypten und der Ukraine gezeigt, dass es mit seinen Kultur- und Bildungsangeboten schnell auf veränderte Situationen reagieren kann. In diesem Jahr war es vor allem die Flüchtlingskrise, die im Fokus der Medien stand.“ Doch während man einerseits flexibel auf aktuelle Situationen reagieren müsse, dürfe aus der Arbeit in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik kein Flickenteppich werden. „Kontinuität und Nachhaltigkeit sind das Wichtigste, wenn es um eine vertrauensvolle und authentische Arbeit im Ausland geht. Daher ist es für uns entscheidend, dass die Kürzungen der institutionellen Förderung des Goethe-Instituts 2015 dauerhaft rückgängig gemacht wurden. Der Unterstützung aus dem Auswärtigen Amt und dem Bundestag gilt unser ausdrücklicher Dank.“
Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert führte aus, dass die Situation der Flüchtlinge schnelles Handeln verlange: „Bildungs- und Kulturangebote sind wichtig, um das Entstehen einer verlorenen Generation zu verhindern. In den Nachbarländern Syriens trägt unsere Arbeit dazu bei, Perspektiven vor Ort zu schaffen. In Deutschland leistet das Goethe-Institut vor allem im Bereich der deutschen Sprache einen gesellschaftlichen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen. Die zwölf Institute in Deutschland erhalten keine institutionelle Förderung aus öffentlicher Hand, umso erfreulicher ist, dass wir hier zahlreiche Drittmittel für unsere Flüchtlingsarbeit gewinnen konnten. Unser Dank gilt den Spendern.“ Durch die Japan Art Association (750.000 Euro), das Technologieunternehmen Freudenberg und einen GoogleAd-Grant seien insgesamt über 900.000 Euro zusammengekommen. In etwa gleichem Umfang habe das Goethe-Institut aus eigener institutioneller Förderung Programme im Ausland aufgelegt und seine Online-Sprachangebote gebündelt.
Der Kaufmännische Direktor Bruno Gross gab einen Überblick über die finanzielle Situation des Goethe-Instituts: „Die institutionelle Förderung ist die Basis unserer Arbeit im Ausland. Der Bundestag hat die für 2015 zunächst einmalig gewährten Mittel in Höhe von 215,6 Millionen Euro für die kommenden Jahre verstetigt.“ Die Nachfrage nach den Sprachkursen des Goethe-Instituts entwickle sich auch 2015 sowohl im Ausland als auch im Inland erfreulich. Mit 134 Millionen Euro an Eigeneinnahmen aus Sprachkursen und Prüfungen erwirtschafte das Goethe-Institut 2015 rund 35 Prozent seines Haushalts selbst.
Generalsekretär Johannes Ebert betonte, dass neben der schnellen Reaktion auf Krisen auch die langfristige Arbeit vor Ort wichtig sei. In Russland oder der Ukraine etwa pflege man bei schwieriger werdenden Bedingungen vor allem die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, um die Grundlagen für den Kulturaustausch aufrecht zu erhalten. Das 2009 in Nowosibirsk eröffnete Institut sei fest in der kulturellen Szene Sibiriens verankert. Die Leiterin Stefanie Peter stellte das Kulturprojekt „Gespräche aus der Dunkelkammer“ vor, das im Frühjahr zum Thema „geschwärzte Texte“ stattfinden wird: „Wir hoffen, dass wir mit diesem Projekt auch Zusammenhänge zwischen der russischen und deutschen Geschichte herstellen können.“
Klaus-Dieter Lehmann merkte an, dass in den aktuellen Debatten über Krisen und Flüchtlingsströme andere wichtige Aspekte zu Unrecht in den Hintergrund gerieten: „Wenn wir nur über die Migrationsbewegungen in Europa sprechen, vergessen wir die weltweite Dimension – insgesamt sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht, besonders in Afrika. Und es ist der Nachbarkontinent Europas. Die Zukunft Afrikas ist daher auch unsere Zukunft, es wird Zeit, dass wir dieses Thema angemessen bearbeiten. Ich bin überzeugt, dass nicht nur viele Probleme in Afrika liegen, sondern auch viele Lösungen.“ Lehmann sagte weiter, dass durch die Migrationsströme auch eine neue Verantwortung von Architekten und Stadtplanern entstehe, die weltweit Lösungen für Wohn- und Lebensräume suchen müssen: „Das Goethe-Institut befasst sich damit seit vielen Jahren, da es mit seinen Auslandsinstituten über eine ,kulturelle Ortskenntnis’ verfügt. Im Zentrum steht nachhaltiges, umweltgerechtes Bauen in einem mehrfachen Sinn, denn mit Umwelt meint das Goethe-Institut – neben der Reaktion auf den Klimawandel – auch die menschliche und soziale Umwelt.“
„Als internationale Kultureinrichtung hat das Goethe-Institut den Anspruch, sich auch jenseits von Tagespolitik mit Fragestellungen zu beschäftigen, die die Gesellschaften unserer Gastländer beeinflussen und diese Diskussionen nach Deutschland zurückzuspielen“, führte Generalsekretär Ebert aus. „Vor diesem Hintergrund startet das Goethe-Institut ab 2016 ein neues Format in Weimar, das alle zwei Jahre ein bestimmtes Thema aufgreift und aus internationaler Perspektive bearbeitet." Im kommenden Juni werden 300 Gäste aus dem In- und Ausland sich mit Praktiken des „Teilens und Tauschens“ befassen. Das „Kultursymposium Weimar“ wird durch die Unterstützung von drei Unternehmen aus dem Wirtschaftsbeirat des Goethe-Instituts ermöglicht: Merck, Siemens und Volkswagen. Ebert weiter: „Teilen und Tauschen sind in fast allen Kulturen der Welt fest verankert, aber sehr unterschiedlich konnotiert.“ Das Kulturfestival solle neue Anstöße für die Debatte in Deutschland und Ideen für den internationalen Kulturaustausch geben.
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit 159 Instituten in 98 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild. Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen an zahlreichen weiteren Orten verfügt das Goethe-Institut insgesamt über rund 1.000 Anlaufstellen weltweit.
Die Pressemappe ist zum Download verfügbar unter: www.goethe.de/pressemappe
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Pressereferentin
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