13.01.2016: Eine Ausstellung zur Subkultur der 1980er-Jahre
„Geniale Dilletanten“ eröffnet in Hamburg
Die Tourneeausstellung „Geniale Dilletanten“ ist die bisher umfangreichste Präsentation der deutschen Subkultur der 1980er-Jahre. Die Ausstellung des Goethe-Instituts vereint Bild- und Tondokumente, die das Bild einer Bewegung zwischen provokativer Verweigerung und internationalem Ruhm nachzeichnen. Vom 23. Januar bis 30. April 2016 ist sie in erweiterter Fassung im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zu sehen.
Im Deutschland der frühen 1980er-Jahre erlangt eine künstlerische Alternativszene mit lautstarkem Protest und gezielter Provokation international Aufsehen und Anerkennung. Ihre Akteure setzen nicht auf virtuoses Können, sie streben stattdessen nach Selbstorganisation im Sinne des Do-It-Yourself-Gedankens. Den Wunsch nach einem radikalen Bruch untermauern sie mit der Gründung von eigenen Plattenlabels, Magazinen, Galerien und Clubs sowie dem unabhängigen Produzieren von Platten und Kassetten. Besonders in den Kunsthochschulen entwickelt sich eine Dynamik, die geprägt ist durch genreübergreifendes Experimentieren. 1981 findet im Berliner Tempodrom ein Festival statt, dessen absichtlich falsch geschriebener Titel zum Synonym für diese deutsche Subkultur der frühen 1980er-Jahre wird: „Geniale Dilletanten“.
Die Ausstellung stellt die Protagonisten und Treffpunkte der künstlerischen Szenen in verschiedenen impulsgebenden Städten West- und Ostdeutschlands vor. Im Mittelpunkt stehen Musikbands sowie Künstler, Filmemacher und Designer aus den frühen 1980er Jahren. „Geniale Dilletanten“ gibt Einblick in die vielfältigen Verbindungen der Akteure untereinander und erzählt, wie sich die gleichzeitig stattfindenden Entwicklungen in Kunst, Film, Mode und Design gegenseitig beeinflusst haben. Die Ausstellung zeigt insgesamt über 250 Exponate, darunter Gemälde, Fotografien, Kunst-, Design- und Modeobjekte, Schallplatten, Musikkassetten, Soundstationen, Musik, Magazine und Fanzines, Plakate, Bandfilme und einen eigens produzierten Interviewfilm. Ein Kurzfilmprogramm, zusammengestellt von dem Künstler Florian Wüst, zeigt experimentelle Arbeiten von Yana Yo, Helge Leiberg, Brigitte Bühler & Dieter Hormel, Norbert Meissner, Christoph Doering und Ramona Welsh.
Pressetermin: 22. Januar 2016, 11 Uhr
Eröffnung: 22. Januar 2016, 19 Uhr
Akkreditierung und Interviewwünsche an: Michaele Hille, Museum für Kunst und Gewerbe, Tel.: +49 40 428134 800, presse@mkg-hamburg.de
Pressebilder stehen unter www.mkg-hamburg.de zum Download zu Verfügung.
Details zur Ausstellung
Musik
Im Zentrum der Ausstellung stehen acht progressive Bands, die ihre Wurzeln in den späten 1970er Jahren haben. Sie stehen beispielhaft für die Auflösung bestehender Konventionen und für die kreative Durchdringung verschiedener künstlerischer Disziplinen: „Einstürzende Neubauten“ erforschen mit einem aus Schrott und Alltagsgegenständen zusammengestellten Instrumentarium die Grenzen zwischen Musik und Lärm. „Die Tödliche Doris“ experimentiert mit verschiedenen künstlerischen Formen wie Musik, Film, Fotografie, aber auch mit Objektkunst und Malerei. „Der Plan“ geht aus dem Betreiben einer Galerie hervor und tritt mit surrealen Kostümen und ironisch-sarkastischen Texten auf. Unter dem Motto „Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie. Dies nennen wir Freiwillige Selbstkontrolle“ (1980) widmet sich „F.S.K.“ vor allem kulturellen Brüchen. Die Musik von „Palais Schaumburg“ gewinnt ihren besonderen Charakter durch die Kombination von Synthesizern, Sample-Geräten, Trompete und skurril-atonal vorgetragenem Gesang. Das Duo „D.A.F.“ verbindet provokative Texte mit harten Schlagzeug-Beats, gepaart mit Synthesizer-Effekten und einer Bühnenshow zwischen Ekstase und Krawall. Die anfänglich aus fünf Frauen bestehende Band „Mania D.“ steht für experimentelle Musik
Bildende Kunst
Parallel zur Musik entstehen in Deutschland Anfang der 1980er-Jahre auch in anderen künstlerischen Bereichen subkulturelle Strömungen. In der Bildenden Kunst etabliert sich eine neue Generation von Malern, die u.a. als „Junge Wilde“ bezeichnet. Ihre Werke werden auch als „Heftige Malerei“ oder neo-expressive Kunst bezeichnet. Sie wehren sich mit ihren emotionalen, subjektiven und spontan-gestischen Gemälden gegen den konventionellen Kunstbetrieb und vorherrschenden Kunstbegriff.
Design
Mit dem „Neuen Deutschen Design“ verändert sich auch die Herangehensweise an die Formgestaltung radikal. Man entwirft nicht mehr nach den strengen Regeln des funktionalen und nüchternen Industriedesigns der 1950er und 1960er Jahre. Eine junge Generation von Designerinnen und Designern, darunter auch Quereinsteiger wie Bühnenbildner, Aktionskünstler oder Musiker experimentiert mit ungewöhnlichen Materialien, Formen und Kombinationen. Alltagsgegenstände werden ihren üblichen Nutzungskontexten entzogen und einer neuen Funktion überstellt. Es entsteht eine widerspenstige Ästhetik aus eklektizistischen Collagen und formalen Brüchen, bei der nicht selten Ironie und Provokation eine tragende Rolle spielen. Möbel und Objekte werden meist als Unikate oder in Kleinserie produziert. Gefragt ist individuelles Design statt Massenproduktion, das sogenannte „Autorendesign“ gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Hamburg
Hamburg war ein wichtiges Zentrum der kreativen Subkultur. Die Ausstellung folgt den Spuren legendärer Szenetreffs wie der heute noch aktiven Konzert-Location Markthalle, dem Rip-Off-Laden von Klaus Maeck und Jäckie Eldorado oder der „Buch Handlung Welt“ von Ilka Nordhausen. Diese Orte stehen stellvertretend für das Prinzip der Selbstorganisation, für die Durchmischung verschiedener künstlerischer Gruppen und für den Do-It-Yourself-Gedanken. Mit Konzertplakaten, Fotografien, selbstproduzierten Musikkassetten, Fanzines und weiteren Druckerzeugnissen erinnert die Ausstellung an eine prägende Phase der Hamburger Kulturszene. Ergänzend stellt ein interaktiver und dynamisch wachsender Stadtplan weitere wichtige Orte aus der Zeit vor, darunter Theater, Konzert-Locations, Kneipen und Plattenläden.
„Geniale Dilletanten“, als Tournee-Ausstellung vom Goethe-Institut konzipiert, wird für die Präsentation im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg maßgeblich erweitert. Kuratorin der Ausstellung ist Mathilde Weh vom Bereich Bildende Kunst des Goethe-Instituts. Idee und Konzept stammen von Mathilde Weh und Leonhard Emmerling. Die Hamburger Station wurde kuratiert von Dennis Conrad.
Kontakt:
Michaele Hille
Pressesprecherin
Museum für Kunst und Gewerbe
Tel.: +49 40 428134 800
presse@mkg-hamburg.de
Dr. Jörg Schumacher
Pressesprecher und
Bereichsleiter Kommunikation
Goethe-Institut Zentrale
Tel.: +49 89 15921 249
joerg.schumacher@goethe.de