20.12.2018: Goethe-Institut fördert elf internationale Kulturprojekte
6. Runde des Internationalen Koproduktionsfonds

Der Internationale Koproduktionsfonds des Goethe-Instituts fördert seit 2016 kollaborative Arbeitsprozesse sowie innovative Produktionen im internationalen Kulturaustausch. Für die nächsten vier Jahre wird der Fonds nun auf insgesamt 2,6 Millionen Euro erhöht. Damit unterstützt er auch zukünftig neue Netzwerke und Arbeitsformen in der interkulturellen Zusammenarbeit. Für die 6. Runde hat eine Expertenjury elf Projektanträge von Künstlerinnen und Künstlern aus 14 Ländern ausgewählt, darunter Polen, Uruguay, Belarus, Namibia, Indonesien und Libanon. Diese werden im nächsten Jahr in Zusammenarbeit mit deutschen Kunstschaffenden neue Produktionen entwickeln.

Internationale Koproduktionen stehen beispielhaft für die partnerschaftliche und dialogische Zusammenarbeit des Goethe-Instituts weltweit. Seit 2016 wurden bisher 53 Koproduktionen zwischen ausländischen und deutschen Künstlerinnen und Künstlern in den Bereichen Musik, Theater, Tanz und Performancekunst gefördert. Von 2019 bis 2022 wird der Fonds nun auf 2,6 Millionen Euro erhöht. Damit leistet er einen Beitrag zur Förderung gemeinschaftlicher Arbeitsprozesse und zur Entstehung neuer Netzwerke und Arbeitsformen für die darstellenden Künste in globalen Zusammenhängen.
 
Aus insgesamt 120 Bewerbungen, die im Oktober 2018 eingegangen sind, hat eine internationale Jury Anfang Dezember elf Projekte auswählt, die 2019 starten und durch den Fonds gefördert werden. Die Jury bestand aus Johannes Schöllhorn (Komponist und Leiter des Instituts für Neue Musik, Hochschule für Musik Freiburg), Wolf Iro (Leiter des Goethe-Instituts Tel-Aviv), Aymar Crosnier (stellvertretender Direktor des CND Centre national de la danse), Inke Arns (Leiterin des Hartware MedienKunstVereins), und Florian Malzacher (Kurator und Autor). Die nächste Bewerbungsfrist ist der 15. April 2019. Es sind ausschließlich Online-Bewerbungen möglich, das Formular wird ab dem 1. März 2019 unter www.goethe.de/ikf freigeschaltet.
 
Folgende Projekte werden 2019 gefördert:
 
„Working Women/ Arbeiterinnen/ Pracujące kobiety“
Beteiligte: Piotr Rudzki/Teatr polski w podziemiu (Polen), Silke Merzhäuser/werkgruppe2 (Deutschland), Olaf Kröck/Ruhrfestspiele Recklinghausen (Deutschland), Christian Tombeil/Theater Essen (Deutschland)

Im Mittelpunkt dieser Theaterproduktion steht die Darstellung von drei Generationen von Frauen aus polnischen und deutschen Arbeiterfamilien. Auf der Basis von Interviews, die in Deutschland und in Polen geführt wurden, untersucht das Stück das Verhältnis von Arbeit und Identität zwischen den Familien in Deutschland und Polen seit Mitte des letzten Jahrhunderts bis heute. Eigens für das Stück komponierte Lieder und Klänge ergänzen das dokumentarische Material.
 
„The Question is now“
Beteiligte: Valentin Garvie (Argentinien), Jazzfestival Buenos Aires (Argentinien), Rudi Mahall (Deutschland), Etienne Nillesen (Deutschland)

„The Question is now“ ist eine Koproduktion im Bereich der zeitgenössischen Musik und des Jazz. Drei argentinische und drei deutsche Jazz-Musiker entwickeln neue Strukturen als Ausgangspunkt für ihre Improvisationen und berücksichtigen dabei ihre südamerikanischen und europäischen Einflüsse in ihre musikalische Sprache. Nach einer längeren Probenphase in Buenos Aires wird das neue Repertoire in verschiedenen Konzerten präsentiert.
 
„Copper, Gold and Coal“
Beteiligte: Ethnictro Music Education Centre (Indonesien), Daniel Kötter/Sarah Israel (Deutschland), Studio Plesungan Solo, Melati Suryodarmo (Indonesien), Residenz Schauspiel Leipzig (Deutschland)

„Copper, Gold and Coal“ ist eine indonesisch-deutsche Zusammenarbeit, die den Einfluss des Bergbaus auf die Geographie, ebenso wie auf die Wirtschaft und die Umsiedlung von Menschen untersucht. Gegenübergestellt werden die weltgrößte Kupfer- und Goldmine in Timika, West Papua, und die postindustriellen Landschaften im ehemaligen Braunkohlerevier der DDR bei Leipzig. Im Rahmen von Forschungsreisen, Workshops und Aufenthalten in Java, West Papua und Deutschland entwickeln die Künstlerinnen und Künstler 2019 die Theaterproduktion. Die mithilfe verschiedener Medien entstandenen Performances, Filme und Konzerte werden anschließend in Yogyakarta, Jayapura und in Leipzig präsentiert.
 
„Suspended Between the Second and the Third Kiss“
Beteiligte: Petra Serhal (Libanon), Theresa Schlesinger (Deutschland)

Im Libanon herrscht eine hohe Rate häuslicher Gewalt, gleichzeitig gilt es als Tabu, solche Handlungen zu melden. Die Choreographie „Suspended Between the Second and the Third Kiss“ rückt das Thema häuslicher Gewalt und die Rolle des Zeugen in den Fokus und hinterfragt die schmale Grenze zwischen Liebe und Gewalt. Dabei setzen sich zwei Tänzer mit Machtverhältnissen zwischen Tätern, Opfern und Zeugen sowie staatlichen Behörden auseinander.
 
„Pulling Forces of Women in Electronic Music“
Beteiligte: Ronda de Mujeres (Uruguay), Heroines of Sound Festival (Deutschland), female:pressure (Deutschland)

In dem Projekt geht es darum, neue Strategien für den Umgang mit Geschlechterrollen in der Musik zu entwickeln und die Sichtbarkeit von Frauen in der elektronischen Musikszene sowohl in Berlin als auch in Montevideo voranzutreiben. In Workshops, Vorträgen und einer Diskussionsrunde tauschen DJs und Kuratorinnen aus Uruguay und Deutschland ihre Erfahrungen aus und entwickeln gemeinsame musikalische Produktionen.
 
„A WoMan“
Beteiligte: Belarus Free Theatre (Großbritannien/Belarus), Sergei Newsky (Deutschland/Russland), Masha Gessen (USA/Russland)

In einer Zusammenarbeit zwischen dem Belarussischen Freien Theater, der Journalistin und Autorin Masha Gessen und dem Komponisten und Musiker Sergej Newski entsteht ein Musiktheaterstück, das sich an den von Gessen verfassten Texten über Zugehörigkeit, Identität und Weltpolitik orientiert. Das Stück spiegelt antiliberale Tendenzen in westlichen Gesellschaften und die zunehmende Anziehungskraft totalitärer Politik aus der Perspektive derjenigen wider, die sie selbst erlebt haben, ohne in Freiheit zu leben. Im Fokus steht die Frage, wie man das westliche Publikum auf die drohende Gefahr aufmerksam machen und es motivieren kann, den Frieden und die Demokratie zu verteidigen, für die frühere Generationen hart gekämpft haben.
 
„Antigone…WTF?"
Beteiligte: Sepiso Mwange (Namibia), Mathias Becker (Deutschland), Schaubude (Deutschland)

„Antigone...WTF?“ untersucht die Möglichkeiten einer deutsch-namibischen künstlerischen Zusammenarbeit vor dem Hintergrund des deutschen Kolonialismus in Namibia, basierend auf der alten Tragödie „Antigone", mittels Puppenspiel und Live-Projektionen. Das Projekt wird in Windhoek und in Berlin präsentiert, begleitet von einem Rahmenprogramm mit Workshops über Objektanimation und Storytelling für junge Teilnehmer.
 
„Common Ground[s] – Germaine Acogny in conjunction with her École des Sables and the cultural legacy of Pina Bausch encounter one another”
Beteiligte: École des Sables (Senegal), The Pina Bausch Foundation (Deutschland)

Zwei Tanzlegenden beschäftigen sich mit der Erforschung von Wissen und Vermittlung. Germaine Acogny gilt weltweit als „Mutter des zeitgenössischen afrikanischen Tanzes". Malou Airaudo ist nicht nur Tänzerin bei Pina Bausch, sondern auch Professorin an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Diese beiden Tänzerinnen, die gemeinsam über 70 Jahre Erfahrung verfügen, werden, ihre Kultur, Tradition und ihre Gemeinsamkeiten verbinden und erforschen. Die entwickelte Performance wird mit ausgewählten Tänzerinnen und Tänzern aus Westafrika an der École des Sables im Senegal umgesetzt und in zwei Teilen in Afrika und Deutschland präsentiert.
 
„Yambi - Our House Is Your House“
Beteiligte: Wilfried Luzele Vuvu (Demokratische Republik Kongo), ACUD MACHT NEU (Deutschland), Matti Schulz (Deutschland)

„Yambi - Our House Is Your House“ ist eine Residenz, die die Verbindungen zwischen der urbanen Kunstszene von Kinshasa und Berlin stärken und erweitern will. Vier Künstlerinnen und Performer aus Kinshasa werden für einen dreiwöchigen Aufenthalt nach Berlin in das Kunsthaus ACUD reisen. Gemeinsam mit Berliner Künstlern werden sie ein interdisziplinäres Programm entwickeln, das seinen Höhepunkt in einer gemeinsamen Musikperformance findet. Das Kollektiv übernimmt während seiner Residenz die Social Media-Kanäle von ACUD und teilt die Inhalte ihrer Projekte. Filmprogramme, Networking-Sessions und eine Ausstellung sind für Berlin geplant; in Kinshasa findet eine abschließende Performance und eine Foto- und Videoausstellung statt.
 
„Shabbat with Maria“
Beteiligte: Yulia Mestechkin (Israel), Evgeni Mestetschkin (Deutschland)

Maria ist eine junge Frau, die im Zentrum von Tel Aviv lebt. Dabei blickt sie auf ein bewegtes Leben zurück: Sie war Teil einer strengen ultra-orthodoxen Gemeinschaft, schrieb gleichzeitig für ein Magazin, das die Legalisierung von Cannabis befürwortet, wurde verhaftet und unter Hausarrest gestellt; anschließend studierte sie Schauspiel. In ihrem Herzen sehnt sich Maria nach einem guten Sabbat-Fest, wie sie es aus ihrer Kindheit kannte. Während des Stücks lädt Maria das deutsche und israelische Publikum dazu ein, mit ihr Sabbat zu feiern. Dabei erzählt Maria ihre Geschichte, doch allmählich gerät die Feier „außer Kontrolle“.
 
„Coexist“
Beteiligte: Adrienn Hód/HODWORKS – präsentiert von der OFF Foundation (Ungarn), Unusual Symptoms/Theater Bremen (Deutschland), Trafó House of Contemporary Arts (Ungarn)

„Coexist“ umfasst ein multinationales Ensemble, das sich Fragen zum Aufbau von Gemeinschaften stellt und Themen wie Solidarität, kollektive Praxis und soziale Dynamik in den Blick nimmt. Dabei untersucht die Choreographin Adrienn Hód insbesondere die zielgerichtete ideologische Ausbeutung des (kollektiven) Körpers durch die Neuen Rechten in Ungarn und Deutschland. Das Projekt wird in Budapest und Bremen entwickelt und vorgestellt.
 
Über den Internationalen Koproduktionsfonds:
Mit dem Internationalen Koproduktionsfonds des Goethe-Instituts werden Koproduktionen von Künstlerinnen und Künstlern in den Bereichen Theater, Tanz, Musik und Performance gefördert, was auch hybride und interdisziplinäre Formate einschließt. Zu den Vergabekriterien zählen neben einer hohen künstlerischen Qualität das Innovationspotential bezüglich der Inhalte und der Form der Zusammenarbeit, die Relevanz der beteiligten Künstlerinnen und Künstler in ihren Szenen, der Bezug auf aktuelle gesellschaftliche Diskurse sowie die Nachvollziehbarkeit des Finanzplans. Der Fonds fördert nicht nur die Produktionsentwicklung, sondern ermöglicht auch regelmäßige Treffen, die den Austausch und die Nachhaltigkeit der Projekte sichern. Bewerben können sich Künstlerinnen und Künstler sowie Ensembles und Initiativen im Ausland und in Deutschland. Aus der gemeinsamen Bewerbung muss klar hervorgehen, dass bereits gute Arbeitskontakte bestehen und ein beidseitiges Interesse an der gemeinsamen Produktion vorliegt. Die Bewerbung erfolgt durch den ausländischen Partner. Begleitet wird die Ausschreibung von den örtlichen Goethe-Instituten weltweit.
 
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit 159 Instituten in 98 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild. Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen an zahlreichen weiteren Orten verfügt das Goethe-Institut insgesamt über rund 1.000 Anlaufstellen weltweit. Mehr Informationen unter www.goethe.de.
 
Kontakt:
 
Hannah Cuvalo
Pressereferentin
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906 471
Hannah.cuvalo@goethe.de