28.02.2019: Ausstellungseröffnung in Leipzig
Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann eröffnet Ausstellungsprojekt „Die Macht der Vervielfältigung“
28.02. – 23.03.2019 | Leipziger Baumwollspinnerei, Halle 12, Öffnungszeiten: Mi-Sa, 12-18 Uhr (Eintritt frei)
Im Zuge der Digitalisierung scheinen Prozesse der Reproduktion alltäglich geworden zu sein – doch welche Auswirkungen haben sie auf Kunst und Gesellschaft? Diese Frage steht im Zentrum der Ausstellung „Die Macht der Vervielfältigung“ des Goethe-Instituts. 14 Künstlerinnen und Künstler aus Rio Grande do Sul und Deutschland beleuchten verschiedene Facetten der Reproduktion und verdeutlichen konkret am Medium Grafik, wie Kunst politisch und gesellschaftlich relevante Fragen in Lateinamerika, aber auch in Deutschland historisch und heute zu stellen vermag. Am 28. Februar eröffnete der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann die Ausstellung in der Leipziger Baumwollspinnerei im Beisein aller Künstlerinnen und Künstler und des Kurators Gregor Jansen. Die Ausstellung ist bis zum 23. März zu sehen und wird von Interventionen im Stadtraum von Ottjörg A.C. und XADALU begleitet.
In seiner Eröffnungsrede betonte Klaus-Dieter Lehmann die historische und politische Bedeutsamkeit der Druckgrafik: „In der Druckgrafik lässt sich wie in keiner anderen Kunstsparte der Einfluss der politischen Ereignisse und der sozialen Verhältnisse ablesen. Dies war in der brasilianischen Militärdiktatur so – wie die Siebdrucke von Regina Silveira aus den 70er Jahren, die in dieser Ausstellung zu sehen sind, belegen – aber auch und gerade in der DDR.“ Aktuell erlebe die Druckgrafik sowohl bei den etablierten als auch bei den jungen Künstlerinnen und Künstlern weltweit eine Renaissance, so Lehmann weiter: „Kunstschaffende erfinden die uralte Technik neu, experimentieren mit digitalen Medien und neuen Materialien. Viele Künstler nutzen den Prozess des Druckens im weitesten Sinne, um politisch und ästhetisch neue Räume zu erschließen.“
Gregor Jansen fügte hinzu: „Die dritte, nach Schrift und Buchdruck, letzte große Medienrevolution im 20. Jahrhundert ist die Digitalisierung mit Computern, Mobiltelefonen, Internet. Dieser radikale Bruch mit allem Gewohnten hat als eine technische Neuerung direkte Einwirkung auf die Mentalität der Gesellschaft wie die Medienrevolution um 1500. Serien- und Massenproduktion sind allgemein Grundpfeiler der modernen Wirtschaft. Sie beruhen auf dem Prinzip von Minimierung der Produktionskosten durch mechanisierte Reproduktion, was mittlerweile auch in der Bio-, Pharma- und Gentechnologie Einzug gehalten hat. Überall geht es um Serienfertigung, was immer auch politische Dimensionen einschließt, längst nicht mehr nur bei Büchern oder Flugblättern. Insofern verändern diese Mächte der Vervielfältigungen die Welt stärker und schneller als Öl und Dynamit.“
„Die Macht der Vervielfältigung“ zeigt erstmals Arbeiten von 14 Künstlerinnen und Künstlern aus Rio Grande do Sul und Deutschland gemeinsam in einer Ausstellung. Sie alle beleuchten die verschiedenen Dimensionen, die Reproduktionsprozesse sowohl in der Kunst als auch in der Gesellschaft beeinflussen: Die Künstler XADALU und Marcelo Chardosim eröffnen beispielsweise einen politisch radikalen Raum, indem sie Kopie und Siebdruck als Medien des Protests einsetzen. XADALUs Beitrag wendet sich gegen die Zerstörung der indigenen Kulturen in Rio Grande do Sul, während Chardosim in seiner Arbeit mit dem zunehmenden Verschwinden des öffentlichen Raums in Brasilien konfrontiert. Vorbereitend zur Ausstellung fanden Austauschprojekte zwischen brasilianischen und deutschen Künstlerinnen und Künstlern statt. So konnte z.B. Hanna Hennenkemper während ihres Aufenthalts in Porto Alegre auf historische Druckmaschinen in den Werkstätten des Museu do Trabalho zurückgreifen und dem klassischen Verfahren der Radierung auf experimentelle Weise begegnen. Thomas Kilpper nutzte wiederum den Parkettfußboden in den Räumen des Kulturareals Vila Flores für einen großformatigen Holzschnitt, der an die politischen und kulturellen Kämpfe in Brasilien und Porto Alegre erinnert.
Das Goethe-Institut Porto Alegre arbeitet in einem Umfeld, das bis heute in hohem Maße durch die Einwanderung aus europäischen Ländern gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund nimmt das Institut eine lebendige Brückenfunktion zwischen Lateinamerika und Europa wahr. „Die Macht der Vervielfältigung“ als dialogisches Projekt zwischen Brasilien und Deutschland zielt darauf ab, das neu erwachte Interesse an der Drucktradition zu nutzen und der jungen Generation in Zeiten großer politischer und ökonomischer Herausforderungen sowohl in Europa wie auch in Südamerika Impulse und Vernetzungsmöglichkeiten zu bieten. Dieser Austausch sei angesichts der zunehmenden Einschränkung der Meinungs- und Kunstfreiheit weltweit von zentraler Bedeutung, so Daniela Kern, Vize-Direktorin des Instituts der Künste an der Bundesuniversität in Rio Grande do Sul. „In einem politischen Moment, in dem die Künste in verschiedenen Ländern der Welt täglich in ihrer Ausdrucksfreiheit eingeschränkt werden, schlägt die vom Goethe-Institut produzierte Ausstellung ,Die Macht der Vervielfältigung‘ genau die entgegengesetzte Richtung ein: Sie öffnet den Raum für den fruchtbaren Dialog zwischen Brasilien und Deutschland und den kreativen Austausch zwischen Künstlerinnen und Künstlern beider Länder. Initiativen wie diese sind transformativ und machen es möglich, dass wichtige Stimmen gehört werden und ein Echo erzeugen.“
Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler sind: Vera Chaves Barcellos, Tim Berresheim, Marcelo Chardosim, Hélio Fervenza, Hanna Hennenkemper, Olaf Holzapfel, Helena Kanaan, Thomas Kilpper, Flavya Mutran, Ottjörg A.C., Rafael Pagatini, Regina Silveira, Carlos Vergara, XADALU.
Begleitend zur Ausstellung ist ein Ausstellungskatalog beim Kerber Verlag erschienen, hrsg. vom Goethe-Institut Porto Alegre mit Beiträgen von Francisco Dalcol, Gregor Jansen, Andreas Schalhorn, Márcio Seligmann-Silva, Ludwig Seyfarth, Cauê Alves u.a.
Ausstellungseröffnung: 28.02., 18 Uhr
Laufzeit: 28.02. – 23.03.2019
Ort: Leipziger Baumwollspinnerei Halle 12 | Spinnereistraße 7, 04179 Leipzig
Öffnungszeiten: Mi-Sa, 12-18 Uhr (Eintritt frei)
Weitere Termine:
01.03, 11 Uhr: Öffentliche Führung mit Gregor Jansen und Künstlern. Weitere öffentliche Führungen am 2.3, 9.3, und 16.3., jeweils 12 Uhr (Eintritt frei)
23.03., 15 Uhr: „Von Prä- zu Postdigitaler Reproduktiver Kunst in Brasilien und Deutschland“, Diskussion zur Leipziger Buchmesse mit Gregor Jansen (Kunsthalle Düsseldorf) und Andreas Schalhorn (Kupferstichkabinett Berlin). Moderiert von Ludwig Seyfarth. Ort: Leipziger Baumwollspinnerei, Halle 14
Die Pressemappe zur Ausstellung finden Sie unter:
www.goethe.de/pressemappen
Pressebilder finden Sie unter:
www.artpress-uteweingarten.de/de/press
Weitere Informationen zum Projekt unter:
www.aura-remastered.art
„Die Macht der Vervielfältigung“ ist ein Projekt des Goethe-Instituts Porto Alegre, kuratiert von Gregor Jansen und in Zusammenarbeit mit Andreas Schalhorn, Paulo Gomes und Francisco Dalcol. Partner sind Leipziger Baumwollspinnerei, MARGS Museu de Arte do Rio Grande do Sul (Kunstmuseum von Rio Grande do Sul), Institut der Künste (I.A.) der UFRGS (Bundesuniversität Rio Grande do Sul), Museu do Trabalho Porto Alegre.
Kontakt:
Jonathan Stockhorst
Pressereferent
ARTPRESS –
Ute Weingarten
Tel.: +49 30 48496350
stockhorst.artpress@uteweingarten.de
Hannah Cuvalo
Pressereferentin
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906 471
Hannah.Cuvalo@goethe.de