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KEK in der Staatsbibliothek zu Berlin
Den Schutz schriftlichen Kulturguts koordinieren

Tintenfraß
Tintenfraß | Foto (Ausschnitt): © Allianz Schriftliches Kulturgut erhalten

Im August 2011 nahm bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eine Koordinierungsstelle ihre Arbeit auf. Sie stimmt bundesweit Maßnahmen zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts ab und erarbeitet ein nationales Konzept zu dessen Schutz.

Nicht nur Jahrhundertkatastrophen wie das Elbe-Hochwasser, der Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar oder der Einsturz des Kölner Stadtarchivs stellen eine dramatische Bedrohung für die wertvollen Bestände in deutschen Bibliotheken und Archiven dar.

Das schriftliche Kulturgut ist auch (all-)täglich immens gefährdet – durch Papierzerfall, Schimmel, Säure- und Tintenfraß oder auch unsachgemäße Lagerung. Die Restaurierung und Konservierung des auf Papier gespeicherten nationalen Gedächtnisses stellt für Bibliotheken und Archive eine enorme Herausforderung dar.

Denkschrift „Zukunft bewahren“

Deshalb forderte 2009 die Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts, ein Zusammenschluss von elf deutschen Archiven und Bibliotheken mit umfangreichem historischen Bestand, eine nationale Anstrengung zur dauerhaften Sicherung der reichen kulturellen und wissenschaftlichen Überlieferung. Sie überreichte dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler dazu ihre Denkschrift „Zukunft bewahren“, in der konkrete Schritte und pragmatische Handlungsempfehlungen skizziert werden.

Der Appell fand Gehör und die zentrale Forderung der Allianz nach einer nationalen Koordinierungsstelle wurde umgesetzt. Sie nahm am 1. August 2011 in der Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz ihre Arbeit auf.

Strategisch planen, klug verknüpfen

„Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts befasst sich mit der dringlichen Aufgabe, dem drohenden Verlust von originalen Dokumenten und Büchern bundesweit nicht nur reaktiv, sondern an zentraler Stelle auch koordinierend und strategisch entgegenzutreten“, erklärt Dr. Ursula Hartwieg, die Leiterin der Stelle.

Dabei soll die zunächst für fünf Jahre eingerichtete Koordinierungsstelle keineswegs die Beratungs- und Fachkreise der Archive und Bibliotheken ersetzen. „Die neu geschaffene Anlaufstelle soll bereits vorhandene Erkenntnisse evaluieren, bestehende Netzwerke und Kompetenzstellen auf nationaler und regionaler Ebene verknüpfen, Lücken identifizieren und Anregungen für effiziente Lösungen geben.“ Daneben soll die Öffentlichkeit für die Gefährdungen des schriftlichen kulturellen Erbes sensibilisiert werden.

Alle Aufgaben der Koordinierungsstelle sind auf ein Ziel gerichtet: die Erstellung eines nationalen Bestandserhaltungskonzepts. „Auch hier folgen wir den Forderungen der Allianz, denn die bundesweite Erhaltung der Überlieferung kann in Anbetracht der großen Mengen nicht allein von den Trägern der jeweiligen Einrichtungen sichergestellt werden, sie bedarf einer Abstimmung auf nationaler Ebene.“

Innovationen unterstützen, punktuell fördern

Die Koordinierungsstelle, die vom Bund und den Bundesländern getragen wird, initiiert und betreut auch Modellprojekte in Archiven und Bibliotheken, vor allem um die Entwicklung innovativer Verfahren zu unterstützen. „Sie als Fördereinrichtung zu sehen wäre aber ein großes Missverständnis, denn dafür ist die derzeitige finanzielle Ausstattung viel zu gering“, erläutert Ursula Hartwieg.

Während die Allianz in ihrer Denkschrift 10 Millionen Euro pro Jahr für den Originalerhalt des national bedeutsamen Kulturguts gefordert hat, sind im Jahreshaushalt des Kulturstaatsministers bislang nur 500.000 Euro dafür vorgesehen; hinzu kommen 100.000 Euro von der Kulturstiftung der Länder.

„Daher kann es sich bei den Modellprojekten immer nur um einen punktuellen finanziellen Anstoß handeln. Dieser wiederum gibt den Unterhaltsträgern einen Anreiz, Maßnahmen zum Erhalt ihrer wertvollen Bestände zu ergreifen und damit vorbildlich auf andere Einrichtungen zu wirken.“

Modellhaft schützen, langfristig überzeugen

Bereits vor der offiziellen Gründung der Koordinierungsstelle hat die Staatsbibliothek zu Berlin insgesamt 31 solcher Modellprojekte vor allem kleinerer Einrichtungen betreut. Dazu gehörten das ehrenamtlich geführte Deutsche Tagebucharchiv Emmendingen, dessen einzigartige Sammlung Säureschäden aufwies; die Bibliothek des Klosterstifts St. Marienthal in Ostritz, deren kostbaren Inkunabeln der Schimmelpilz drohte sowie das Robert-Schumann-Haus in Zwickau, dessen wertvolle Bestände Schutzverpackungen brauchten.

„Seit August 2011 begleiten wir 40 neue Projekte, die sich vornehmlich mit der Gefährdung der Originale durch Feuer und Wasser befassen“, sagt die Bibliotheksreferentin. „Parallel dazu läuft noch echte Gründungsarbeit – unter anderem der Aufbau einer eigenen Website.“

Und dann ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Das eingesetzte Kapital muss sich doppelt verzinsen: einerseits ideell, indem die gesetzten Impulse bei allen Beteiligten persönliches Engagement generieren – ohne das ist diese Aufgabe sowieso nicht zu stemmen – andererseits ganz konkret durch den Zuwachs weiterer Mittel. Dafür sind die potenziellen Geldgeber, also Politik, Unterhaltsträger, letztlich die gesamte Öffentlichkeit in ihrer Verantwortung für das schriftliche Kulturgut zu stärken. Schließlich stehen ja wir alle in der Pflicht für unser nationales Gedächtnis.“

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