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Bibliothekspädagogik
„Wir brauchen mehr pädagogische Inhalte“

Für Bibliotheken als Orte des lebenslangen Lernens gewinnt auch die Bibliothekspädagogik an Bedeutung. Wie sich das in der Bibliothekarsausbildung widerspiegelt, erläutert Kerstin Keller-Loibl, Professorin an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig.

Bibliothekspädagogik Bibliothekspädagogik | Illustration: Frida Bünzli
Frau Keller-Loibl, seit wann spielt die Bibliothekspädagogik in Deutschland überhaupt eine Rolle?

Vor allem nach der PISA-Studie 2000 und der dadurch ausgelösten Bildungsdebatte rückte die Bildungsrolle der Bibliothek wieder stärker in den Fokus. Bibliotheken können das lebenslange Lernen und den Erwerb notwendiger Schlüsselqualifikationen wie Lesekompetenz, Medien- und Informationskompetenz unterstützen.

Um diese neuen Bildungsaktivitäten zu benennen, wurde seitdem immer häufiger der Begriff „Bibliothekspädagogik“ verwendet. Und meiner Ansicht nach ist der Begriff angesichts einer in Deutschland bereits etablierten Museums-, Theater- oder Freizeitpädagogik sehr sinnvoll gewählt.

Lese- und Informationskompetenz fördern

Was umfasst „Bibliothekspädagogik“?

Bibliothekspädagogische Angebote richten sich an alle Zielgruppen von Bibliotheken: an Kinder, Jugendliche, Studierende, Erwachsene, Familien, Senioren ebenso wie an Multiplikatoren wie Erzieher oder Lehrer. Ein zentrales Anliegen der Bibliothekspädagogik ist, dass die spezifischen Bedürfnisse und Interessen dieser Zielgruppen ernst genommen und Lernprozesse initiiert, unterstützt und begleitet werden.

Dazu gehört die frühkindliche Sprach- und Leseförderung ebenso wie die Vermittlung von Informationskompetenz an Studierende oder die Förderung von Migranten. Der Begriff umfasst alle Bildungs- und Vermittlungsaktivitäten von Bibliotheken, egal welchen Typs sie sind.

Welche Rolle spielt die Bibliothekspädagogik im Alltag der Bibliothekare und Bibliothekarinnen?

Die Bibliothekspädagogik gewinnt derzeit an Relevanz, nicht nur im Zusammenhang mit modernen Konzepten der „Teaching Library“ für wissenschaftliche Bibliotheken, sondern auch im Zuge der verstärkten Kooperation von Bibliotheken mit Schulen, Kindergärten und anderen Bildungseinrichtungen.

Bibliotheken entwickeln sich immer mehr zu Orten des nicht-formalen und informellen Lernens. Zu ihrem Aufgabenfeld und damit zu den Anforderungen an qualifiziertes Fachpersonal in Bibliotheken gehört heute neben der Leseförderung auch die zielgruppenspezifische Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz.

Bibliothekare pädagogisch-didaktisch ausbilden

Welche Rolle spielt die Bibliothekspädagogik in der Ausbildung?

In der Ausbildung von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren durch berufsqualifizierende Studiengänge werden entsprechende pädagogische Kenntnisse und Fähigkeiten an deutschen Hochschulen bislang nur ansatzweise oder überhaupt nicht vermittelt. Eine Integration pädagogisch-didaktischer Inhalte in die bibliothekarische Ausbildung ist deshalb dringend erforderlich.

An der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig startete 2010 das Masterprogramm Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Dieser neue Studiengang bietet zusätzlich zur Qualifizierung für Leitungsaufgaben erstmals an deutschen Hochschulen auch die Möglichkeit zur fachlichen Profilierung in der Bibliothekspädagogik. Im Curriculum sind entsprechende pädagogische Inhalte verankert, die die Bibliothek als Lernort betrachten und Fähigkeiten der Medienkompetenzvermittlung für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln. Die Nachfrage nach diesem Studiengang und insbesondere nach der Profillinie „Bibliothekspädagogik“ ist deutschlandweit sehr hoch.

Lernangebote für unterschiedliche Zielgruppen gestalten

Welche Inhalte halten Sie in diesem Bereich der Ausbildung für sinnvoll?

Im Leipziger Masterstudiengang beschäftigen sich die Studierenden mit den Grundlagen der Pädagogik, der Entwicklungspsychologie und der Erwachsenenbildung. Modelle des Lernens, die Gestaltung von Lernangeboten in unterschiedlichen Kontexten und die Vielfalt der anwendbaren Methoden und Techniken für unterschiedliche Zielgruppen sind wichtige Lerninhalte.

Ein besonderer Schwerpunkt sollte auf der Ausbildung von pädagogischen und kommunikativen Fähigkeiten liegen. In der pädagogischen Praxis geht es um Sozialbeziehungen: Die Offenheit gegenüber anderen Menschen und die Fähigkeit, Individuen zu motivieren und zu begeistern, spielt eine entscheidende Rolle. Die Leipziger Masterstudenten entwickeln deshalb handlungsorientierte Konzepte für bibliothekspädagogische Veranstaltungen mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und erproben diese auch in der Praxis.

Praktische Erprobungen ergänzen die Theorie

Reichen ein paar Module, um zum Lehren zu befähigen?

Die Vermittlung der Theorie reicht keinesfalls aus. Neben pädagogischen und didaktischen Kenntnissen müssen die Studierenden Fähigkeiten erwerben, mit verschiedenen Zielgruppen zu arbeiten, geeignete Methoden und Formen der Anregung und Gestaltung von Lernvorgängen in der Bibliothek anzuwenden und bei Bedarf anzupassen.

In Leipzig ist in der Profillinie „Bibliothekspädagogik“ die Konzipierung und Durchführung einer Veranstaltung für eine spezifische Zielgruppe wie auch die Absolvierung eines Praxisprojektes und eines Praktikums auf diesem Gebiet im Curriculum verankert.

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