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Internationale Katalogisierung
Cloudbasierte Infrastruktur für Bibliotheksdaten

Internationale Katalogisierung
Internationale Katalogisierung | Foto (Ausschnitt): © rendeeplumia – Fotolia.coms

Drei Bibliotheksverbünde entwickeln in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt eine neue Katalogisierungsumgebung. Thorsten Koch vom Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) erläutert die Herausforderungen.

Herr Koch, was sind die Ziele des Projekts „Cloudbasierte Infrastruktur für Bibliotheksdaten“?

Wir wollen für Bibliotheken technische und bibliothekarisch-fachliche Strukturen erarbeiten, damit sie zukünftig auf moderne, cloudbasierte Bibliothekssysteme umsteigen können. Zeitgleich soll dabei ein Schritt in Richtung internationale Zusammenarbeit bei der Katalogisierung gemacht werden. Für die Bibliotheken soll die Katalogisierung einfach und weiterhin komfortabel sein. Und für alle sollen möglichst viele, qualitativ hochwertige Daten zur Verfügung stehen, die für die Katalogisierung genutzt werden können.

Wie ist die Idee dazu entstanden?

In Deutschland wird – und das ist international fast einmalig – bereits seit Jahrzehnten kooperativ und damit hochgradig arbeitsteilig katalogisiert. Dies geschieht aber nicht in einer einzigen großen Datenbank, sondern in insgesamt fünf Verbunddatenbanken. Das ist auf Dauer gesehen nicht effizient. Zusätzlich stoßen diese Verbunddatenbanken systemseitig an ihre Leistungsgrenzen. Diesen grundlegenden Veränderungsbedarf haben der Wissenschaftsrat und die Deutsche Forschungsgemeinschaft erkannt und 2012 mit einer Ausschreibung zur Neuausrichtung überregionaler Informationsservices reagiert.

Internationale Katalogisierungsumgebungen

Ihr Projekt wird seit September 2013 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Thorsten Koch Thorsten Koch | © Thorsten Koch Unser Projekt überzeugte mit der Idee, in internationale Katalogisierungsumgebungen zu wechseln statt eine neue nationale Datenbank aufzubauen. Wir haben uns gegen eine Eigenentwicklung entschieden, sondern arbeiten mit den großen kommerziellen Bibliothekssoftware-Anbietern OCLC und Exlibris zusammen. Deren neue Systeme World Share und ALMA bieten nicht mehr nur Software an, sondern gleichzeitig auch Datenplattformen. Es ist im Moment nicht wahrscheinlich, dass sich in einem föderalen Land wie Deutschland alle auf eine einzige Softwareplattform einigen werden. Darum lohnt es sich, über plattformübergreifende Konzepte nachzudenken.

Ihr Ansatz ist nicht ganz unumstritten.

Die cloudbasierten Kataloge sind nicht explizit für den deutschen Markt entwickelt worden. Es fehlt noch einiges, bis sie die Akzeptanz der deutschen Bibliotheken haben. Man muss auch einfach zugestehen, dass die deutsche Verbundlandschaft von einer sehr hohen Servicequalität geprägt ist.

Die Grundzüge der Katalogisierung sind zwar überall ähnlich, aber jeder Sprachraum arbeitet zum Beispiel mit eigenen Normdaten. In Deutschland ist das die sogenannte Gemeinsame Normdatei, mit der die Datensätze verknüpft werden. Wenn man so, wie wir es in Deutschland im Moment gewohnt sind, auch in den internationalen Systemen arbeiten möchte, müsste dafür in den Systemen noch einiges geändert werden. Wir verknüpfen die Titelaufnahmen mit den Normdatensätzen und können darüber auch auf die Inhalte der Normdatensätze zugreifen. Zum Beispiel findet man Goethes Faust auch, wenn man nach „Koet'e“ oder „Gkaite“ sucht. Diese Verknüpfungsmöglichkeit möchten wir gerne erhalten.

Die deutschen Daten sollen nicht nur in internationalen Systemen nachgewiesen, sondern auch vernünftig such- und nutzbar gemacht werden. Dieser Anspruch bedeutet aber insbesondere für den WorldCat, der weltweit größten bibliografischen Datenbank, mit der das World-Share-System arbeitet, tiefgreifende Änderungen. Wir werden sehen, wie weit wir da bis zum Projektende kommen werden.

Ein Vorschlag für eine zukünftige neue Basis

Zu den Projektzielen gehört auch der Aufbau des deutschlandweiten einheitlichen Datenraumes. Was muss man sich darunter genau vorstellen?

Der sogenannte deutsche Datenraum beschreibt die Daten aller deutschen Bibliotheken. Nachdem wir am Anfang viel über Online-Synchronisationen zwischen Systemen gesprochen haben, denken wir im Moment über ein Datenrepositorium nach, aus dem sich jedes System bedienen kann.

Der deutsche Datenraum ist damit zum einen eine Sicherheitskopie, schafft aber auch Chancengleichheit. Mit dem einheitlichen Datenraum wollen wir erreichen, dass jede Bibliothek die Daten aller anderen deutschen Bibliotheken in ihrer Katalogisierungsumgebung sehen und nutzen kann.

Das Projekt wird vom Hessischen Bibliotheksinformationssystem, vom Bibliotheksverbund Bayern und vom Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg gemeinsam durchgeführt. Können die anderen deutschen Bibliotheksverbünden die Projekterträge auch nutzen?

Wie die Projektergebnisse in die Praxis umgesetzt und von den Verbünden auch über die Projektgrenzen hinaus adaptiert werden, wird die Zukunft zeigen. Das CIB-Projekt macht einen Vorschlag für eine zukünftige neue Basis. Es steht den anderen Verbünden frei, diese zu nutzen.

Was ist für Sie die größte Herausforderung?

Die Erwartungen an das Projekt sind unglaublich hoch. Der bibliothekspolitische Veränderungsdruck, der auf den Verbünden insgesamt lastet, zeigt sich auch in den vielen kritischen Rückfragen. Bezieht man die Stärke des Veränderungswillens bei den assoziierten Firmen und den Bibliotheksverbünden, die Faktoren Zeit und monetären Aufwand für Neuentwicklungen und zusätzlich die nicht ganz unkomplizierte deutsche Verbundstruktur mit ein, wird deutlich, dass dieses Vorhaben sich nur mit Geduld, Hartnäckigkeit und viel Kommunikation realisieren lässt.

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