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Iskra Geshoska
Mazedonien
Emanzipatorische Bemühungen in der Zwickmühle

Das Bemühen um die wirtschaftliche, politische, kulturelle und geschlechtliche Gleichstellung und Freiheit muss von stetiger und andauernder Natur sein. Es muss sich an den jeweiligen Kontext individuell anpassen und ein Gefühl der Zugehörigkeit, Einheit und Emanzipation erschaffen, und die dabei angewendeten Strategien sollten sich stets sowohl an von außen herangetragenen Vorgehensweisen als auch an den konkreten Erfahrungswerten des handlungsausführenden Organs orientieren. 

Von Iskra Geshoska X!

Jede Art von Anstrengung kann nur erfolgreich sein, wenn sie sich an den konkreten Anforderungen der jeweiligen Interessengemeinschaft ausrichtet. Eine Handlung ist dann als emanzipatorisch und erfolgreich zu bewerten, wenn sie aus dem konkreten dringenden Bedürfnis erwachsen ist, gemeinsam nach Freiheit zu streben. Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass auch der Widerstand, der viele Opfer verlangt, wenn er die rückschrittliche politische Situation überwinden will, nach den Prinzipien der Macht funktioniert. Wer eine neue Machstruktur aufbauen will, muss also auch die hier üblichen Hierarchien einhalten. Aus diesem Grund müssen wir, vor allem wenn es um Themen wie (politische, wirtschaftliche, kulturelle, geschlechtliche) Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit geht, sowohl bei unseren Gesprächspraktiken als auch bei unseren taktischen Überlegungen und konkret angewendeten Strategien besondere Vorsicht walten lassen. Oftmals werden Wissen und Handlungsmöglichkeiten nur unzureichend von einer Kultur an die andere weitergegeben, und dadurch lauern an jeder Ecke Gelegenheiten, den erwarteten Wandel zu missbrauchen. Zu diesem Ziel sind alle intelligenten und nachgeprüften Mittel zu begrüßen. Sie sollten jedoch durchaus kritisch angepasst werden, um nicht ungewollt aus einem progressiven Vorhaben am Ende wieder eine repressive Situation zu erschaffen.

Die Autorin Iskra Geshoska Foto: Vancho Dzambaski © Goethe-Institut Jedes Subjekt, das auf irgendeine Weise dominiert wird, wird durch diesen Umstand beeinflusst und geprägt. Wir haben aus einer aufgeklärten Weltordnung heraus die Angewohnheit, Dominanz als einen unterdrückenden Einfluss von außen zu betrachten, der ein niedriggestelltes Wesen unterjocht und delegiert. Wenn wir Dominanz aber, wie Foucault es tut, als etwas Positives sehen, nämlich als etwas, dass das Subjekt formt, die Bedingungen seiner Existenz sichert und, mehr noch, dafür sorgt, dass dieses Subjekt Spuren seiner Existenz hinterlassen kann, dann würden wir die politischen Narrative nicht nur als etwas betrachten, das wir immer abgelehnt haben, sondern auch als etwas, auf dem unsere eigene Existenz im Kern beruht. Wir dürfen nicht vergessen, dass Dominanz und Macht auf der einen sowie Widerstand auf der anderen Seite nach den gleichen Prinzipien funktionieren. 

Wir akzeptieren Konzepte, die die Emanzipation vorantreiben sollen, oftmals nur deshalb, weil wir völlig von Betrachtungsweisen geprägt wurden, die wir niemals selbst gewählt haben, die aber dennoch unser progressives Handeln bestimmen und unterstützen. 
Daher glaube ich, dass wir für das Streben nach Gerechtigkeit und die Zerschlagung von Machtherrschaften einen Prozess benötigen, der einen von der Bürde der Vorstellung einer hegemonischen Unterdrückung befreiten Begriff schafft. Wir sollten also jede gute Strategie, die uns dem Frieden ein wenig näher bringt, akzeptieren und unseren Zwecken anpassen.

Weiterführende Literatur:
Power: The Essential Works Of Michel Foucault 1954 – 1984 v. 3, von Michel Foucault und James D. Faubion.
Precarious Life: The Power Of Mourning And Violence, von Judith Butler.
The Precariat: The New Dangerous Class, von Guy Standing.

Folgefrage:
"Hat der Begriff "Frieden" in einer Welt, die von wirtschaftlicher, ideologischer und politischer Ungerechtigkeit in Gewahrsam genommen wurde, seine eigentliche Wortbedeutung verloren?"

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