#reformieren!
Anna Guenther

Anna Guenther
Anna Guenther | © Anna Guenther

​Im Laufe des Reformationsjahres 2017 kommen in dem Dossier „Gegenwarten Reformieren“ Trendsetter und Vordenker mit ihren persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen von Wandel und Innovation zu Wort. Wo liegen Potenziale und Notwendigkeiten für gegenwärtige und zukunftsorientierte „Reformationen“?

Eine zentrale Forderung der Reformation galt dem Ausgleich der Machtverhältnisse, indem die Macht und der Reichtum einiger Weniger zum Wohle der Allgemeinheit reduziert werden sollten.

Martin Luther war überzeugt davon, dass Wissen Macht sei, also übersetzte er die Bibel, damit jeder sie verstehen könne. Auch widersprach er der Ansicht, Menschen könnten die Vergebung ihrer Sünden erkaufen.
 
2017 stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Reformation. In den OECD-Ländern hat die soziale Ungleichheit ihren höchsten Stand in den letzten 50 Jahren erreicht: Die reichsten 10 Prozent verdienen neun Mal so viel wie die ärmsten zehn Prozent. Selbst in den Schwellenländern, in denen die Wachstumspolitik Millionen aus der Armut geführt hat,  ist der Abstand fünf Mal größer als in der OECD. Wirtschaftliches Wachstum nützt hauptsächlich den Reichsten, die am stärksten von unserem gegenwärtigen Finanzsystem profitieren. 

Wir glauben, dass die Zeit für Veränderung gekommen ist. Wir glauben, dass das Finanzwesen im Kern der Gemeinschaft und nicht den wenigen Reichen dienen sollte. Genau hier setzt Crowdfunding an: Statt einer privilegierten Minderheit entscheidet die Gemeinschaft, wer finanziert bzw. gefördert wird. Im Bereich des Risikokapitals gehen nur sieben Prozent der Finanzierungen an Unternehmerinnen, sogar nur 0,5 Prozent an Geschäftsführerinnen. Anders im Crowdfunding: Hier gehen über 40 Prozent der Finanzierungen an Unternehmerinnen und über 30 Prozent an Geschäftsführerinnen.

Zudem wächst die Crowd-Finanzierung von "social enterprises", was nicht nur die Chance eines  finanziellen, sondern auch eines sozialen Gewinns eröffnet. Solche Unternehmen bieten bewusst einfach gehaltene Informationen zu gemeinnützigen und sozialen Geschäftsideen, die jeder nachvollziehen kann.
Wir hoffen, dass die Finanzwelt diesen Trend unterstützt, eingedenk unserer Vorfahren, die bereits im 16. Jahrhundert gelernt haben, dass die Vergebung der Sünden nicht mit Geld zu erlangen ist.

BiograFie

Anna Guenther ist Mitgründerin und Haupt-Bubble-Blower von PledgeMe, Neuseelands erster Crowdfunding-Plattform. Seit deren Start vor fünf Jahren haben über 1000 kreative, gemeinnützige und unternehmerische Projekte über 15 Mio. $ einwerben können. Außerdem arbeitete Anna Guenther für die neuseeländische Regierung, das MIT und die Havard University. Zudem schloss sie ein Masterstudium in Betriebswirtschaft mit der Spezialisierung auf Crowdfunding ab.