#reformieren!
José Luis Villacañas

José Luis Villacañas

Im Laufe des Reformationsjahres 2017 kommen in dem Dossier „Gegenwarten Reformieren“ Trendsetter und Vordenker mit ihren persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen von Wandel und Innovation zu Wort. Wo liegen Potenziale und Notwendigkeiten für gegenwärtige und zukunftsorientierte „Reformationen“?

Elf Thesen zur Aktualität des Geistes der Reformation

  1. Spanien hat sich aus einer Feindseligkeit gegen die Reformation begründet, was auch seine psychische Befindlichkeit bestimmt hat.
  2. Man sollte unter den Spaniern eine Mentalität fördern, die eher geneigt ist, historische Wandlungen zu steuern als sich gegen sie zu sperren.
  3. Man sollte jene geistige Haltung ändern, die schon Kant als eine schlechte Auffassung von Tradition denunziert. Es gilt den Unwillen zu reformieren zu reformieren.
  4. Es gilt jene geistige Trägheit zu vermeiden, die es nicht zulässt, Veränderungen vorwegzunehmen und die Conditio der Zeitlichkeit oder auch der Endlichkeit anzuerkennen.
  5. Dieses historische Syndrom manifestiert sich in besorgniserregenden Symptomen der Unsicherheit, in dramatischen Behauptungen, dem Hang zur Theatralik, dem Unvermögen, Distanz zu gewinnen und einer verzweifelten Suche nach Selbstsicherheit in der Homogenität.
  6. All dies erschwert den Weg hin zu einer demokratischeren Gesellschaft.
  7. Die Philosophie muss der spanischen Gesellschaft ein kritisches Verantwortungsbewusstsein vermitteln, und somit das Reflexionsvermögen der Bürger stärken.
  8. Im Vordergrund sollten nicht ausschließlich jene Philosophien stehen, die dem Alltagsleben der Gesellschaft entrückt sich nur an Spekulationsvirtuosen in geschlossenen Räumen für Spezialisten richten.
  9. Derartige Positionen sind selbstreferentiell und verschließen sich Gesprächen, aus denen sich Perspektiven erschließen könnten die der Lebenswelt eine Orientierung geben.
  10. Die Selbstbezogenheit überwinden:  die Auseinandersetzung mit anderen Disziplinen suchen, auch wenn die Hindernisse anfangs groß sein mögen.
  11. Das Schwierigste: seinen eigenen Weg in einem offenen Dialog finden. Eine Philosophie betreiben, die einer demokratischen Gesellschaft nützlich ist und ihren normativen Standards folgt.
 

Biographie

José Luis Villacañas Berlanga (Úbeda-Jaén, 1955) ist Philosoph, Historiker und Schriftsteller. Seine Doktorarbeit schrieb er 1981 über die Philosophie Kants, an der Universität Valencia. Er war Professor an verschiedenen Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen in Spanien: an der Universidad de Valencia von 1977 bis 1986, an der Universidad de Murcia von 1986 bis 2009 und am Consejo Superior de Investigaciones Científicas (Oberster Rat für wissenschaftliche Forschung - größte öffentliche Forschungseinrichtung Spaniens) von 1994 bis 1997.

Seit 2009 leitet er die Fakultät für Philosophiegeschichte an der Universidad Complutense in Madrid. Seinen Forschungsschwerpunkt bildet das zeitgenössische deutsche Denken (Max Weber, Carl Schmitt, Reinhardt Koselleck und Hans Blumenberg).

Neuere Veröffentlichungen: Dificultades con la Ilustración. Ensayos kantianos (Madrid, 2012), Historia del poder político en España (Barcelona, 2014) und Teología política imperial y comunidad de salvación cristiana (Madrid, 2016). Hierzu erscheint ein zweiter Band namens Imperio, reforma y modernidad der die Entstehung der modernen Geisteshaltung zur Zeit Karl des V. analysiert.