Jeffrey Hernaez
Sie sind gekommen, um zu pflegen

Es ist ein bekanntes Problem: Deutschland gehen die Pflegekräfte aus. Kann philippinisches Personal die Lücke schließen? Ein guter Ruf eilt ihnen zumindest voraus.
Von Jeffrey Hernaez X!
Luther Basa, der in der Neurologieabteilung des Universitätsklinikums Tübingen arbeitet, gehörte zu den ersten Philippinern, die in Deutschland als Krankenpfleger eingesetzt wurden.
„Am Anfang war die Arbeit schwer: die Sprache, das Wetter, die Kollegen, Pflegemaßnahmen nach europäischen Standard durchzuführen“, zählt er auf. Heute, einige Jahre nach seiner Ankunft im Februar 2014, hat er die meisten Herausforderungen bewältigt. „Anfangs musste ich doppelt so schnell und hart arbeiten, nicht nur, um als Krankenpfleger für Deutschland qualifiziert zu sein, sondern um zu zeigen, dass ich gut bin.“ Denn die nächste Aufstellung philippinischer Pflegekräfte war auch von seiner Leistung abhängig, erzählt er. „Wir waren so etwas wie eine Testgruppe.“ Glücklicherweise haben sie ihre Aufgabe erfüllt, fügt er hinzu. „Es war ein Erfolgsgefühl zu wissen, dass unsere Arbeitgeber mit unserer Arbeitsweise zufrieden waren. Diese Anstrengungen und mein Engagement haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Ich habe das Vertrauen meiner Kollegen und, was viel wichtiger ist, das Vertrauen meiner Patienten“, sagt Luther Basa mit Stolz.
Zahlen der Europäischen Zentralbank zeigen, dass es aufgrund der sinkenden Geburtenrate bereits 2019 weniger Deutsche unter 30 Jahren geben wird, als Deutsche, die 60 Jahre oder älter sind. Der wachsende Altersdurchschnitt verlangt mehr Personal in Hospizen und Pflegeeinrichtungen. Eine Lücke, die die philippinischen Pflegekräfte ausreichend füllen können?
„Sie finden uns respektvoll, sanft und einfühlsam.“
Maria Karen G. Viola, eine philippinische Krankenschwester im Neurologiezentrum des Universitätsklinikums Freiburg, meint ja. „In dem Krankenhaus, in dem ich auf den Philippinen gearbeitet habe, ist das Verhältnis von Krankenschwester zu Patient 1 zu 10. So ist es auch hier“, sagt sie. Sie ist mit ihrer Arbeit zufrieden, obwohl die Sprachbarriere anfangs herausfordernd war. In den vergangenen acht Monaten habe sie sich gut angepasst. Die Belastung findet sie nicht so hoch wie auf den Philippinen. „Alle Vorräte sind immer vorhanden und wenn es um Patienten geht, hat keiner Probleme die Kosten der Krankenhausaufenthalte zu finanzieren“, lobt sie das deutsche System. „Die Patienten sind immer sehr freundlich“, sagt sie. „Wenn sie hören, dass ich Philippinerin bin, scheinen sie immer glücklich zu sein. Es ist eine demütigende Erfahrung, dass die meisten meiner Patienten einen so guten Eindruck von uns philippinischen Pflegekräften haben. Sie finden uns respektvoll, sanft und einfühlsam.“
Die philippinische Broadway-Sängerin Lea Salonga lobte kürzlich das Auftreten eines asiatischen Arztes in der US-amerikanischen TV-Serie Grey‘s Anatomy über den Kurznachrichtendienst Twitter. Sie könne die Serie allerdings nur mit philippinischen Pflegekräften ernstnehmen, schrieb sie weiter.
Eine Tatsache? Immer mehr. Denn in vielen Gesundheitseinrichtungen weltweit wird philippinisches Pflegepersonal angestellt. Deutschland bildet da keine Ausnahme. Lillibeth Pono, Geschäftsträgerin der philippinischen Botschaft in Deutschland, erläutert Projekte zwischen ihrer Heimat und der deutschen Regierung. „Triple Win“ soll zum Beispiel den Personalmangel in deutschen Pflegeeinrichtungen auffangen. „Wir haben etwa 500 Krankenpfleger, die in verschiedenen Krankenhäusern arbeiten. Sie wurden sowohl dank Triple Win als auch durch private Einrichtungen auf den Philippinen nach Deutschland gesendet.“ Sowohl die Regierung als auch die Institutionen seien mit den Dienstleistungen der philippinischen Krankenpfleger zufrieden.
„Wir behandeln unsere Patienten immer wie unsere Familie“
Deborah Castueras, Krankenschwester auf der Intensivstation und in der Notaufnahme im Helios Klinikum München West, arbeitet nun seit mehr als einem Jahr in München. „Ich musste mich an ein paar Dinge gewöhnen, wie die Sprache und die Geräte, die wir benutzen. Aber danach wurde es viel einfacher. Ich mag es hier, weil die Arbeit nicht so anstrengend ist. Es gibt sogar Tage, an denen ich früher nach Hause gehen darf, weil alles erledigt ist.” Sie ist stolz, dass philippinische Pflegekräfte in Deutschland so begehrt sind. „Mein Arbeitgeber würde auch weiterhin philippinisches Personal einstellen, da wir echte Sorge zeigen. Wir behandeln unsere Patienten immer wie unsere Familie, und arbeiten fleißig und sorgfältig.”Luther Basa hat inzwischen nicht nur Deutsch besser gelernt, sondern auch den Dialekt der Region, was seinen Patienten zusätzlich schmeichele. „In meiner Abteilung haben wir ein paar Patienten, die alle drei Monate zu uns kommen. Die fragen meist, ob Krankenpfleger Luther noch da ist“, sagt er und lacht.