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AnneMarie Hunter
Die Bahn und ich und wie wir Freunde wurden

Auto oder ÖPNV? Eine US-amerikanische Perspektive auf das Fahren mit der Bahn.
Auto oder ÖPNV? Eine US-amerikanische Perspektive auf das Fahren mit der Bahn. | Foto (Zuschnitt): © AnneMarie Hunter

Am Freitag bin ich mit dem Zug nach Göttingen gefahren. Das allein ist noch kein Grund für eine Kolumne in der HNA, vielleicht ist es nicht einmal eine Leistung. Für eine Amerikanerin wie mich allerdings, die in einer Stadt lebt, in der es nahezu keinerlei öffentlichen Nahverkehr gibt, war es eine.

Von AnneMarie Hunter X!

Kassel – Aber von vorn: Als ich in Kassel ankam, war der öffentliche Nahverkehr nicht gerade mein Freund. Sich zurechtzufinden, schien ein Ziel in weiter Ferne. Jetzt, vier Wochen später, kann ich an den ÖPNV denken, ohne zu zittern.
 
Es war ein schwieriger Start, verbunden mit einer steilen Lernkurve. An meinem zweiten Tag bei der HNA fuhr ich mit meiner Kollegin Michaela Pflug Straßenbahn in Kassel und sie führte mich in die Einzelheiten des ÖPNV ein. Nach der Arbeit nahmen wir die Linie 5, stiegen am Rathaus um in die 4 und an der Karthäuser Straße wieder aus. Von dort aus ging ich zu Fuß nach Hause. Ganz einfach, dachte ich, das schaffe ich.
 
Falsch.
 
Am nächsten Morgen stieg ich zwar in die richtige Bahn – aber die fuhr in die falsche Richtung. Mithilfe des Schaffners und anderen Fahrgästen schaffte ich es zur Arbeit – mit zwei Stunden Verspätung. Der Tag fing nicht nur schlecht an, ich hatte auch Sorge, am Abend denselben Fehler zu machen. Ich malte mir aus, wie ich stundenlang durch Kassel fahren würde, immer im Kreis, nie nach Hause gelangen würde und schließlich in der Straßenbahn übernachten müsste. Um all das zu vermeiden, traf ich entsprechende Vorbereitungen. Wie Hänsel und Gretel es mit den Brotkrumen gemacht hatten, notierte ich mir jede Einzelheit: Nummer der Linie, Richtung, Namen der Haltestellen. Ich war wild entschlossen, mich nicht zu verirren.
 
Nachdem ich es ohne Probleme nach Hause und wieder zur Arbeit geschafft hatte – rechtzeitig –, plante ich einen größeren Schritt. Kollegen hatten mir vom Bergpark Wilhelmshöhe erzählt, und das war mein nächstes Ziel. An einem sonnigen Tag gelang es mir, die Linie 1 zu finden und das Ziel zu erreichen. Der Park war wunderschön, das Abenteuer ein Erfolg.
 
An meinem letzten Wochenende in Deutschland dann die Königsdisziplin: Ich fuhr mit dem Zug nach Göttingen. Mit dem Richtigen in die richtige Richtung. Und mehr noch – ich habe sogar den Weg nach Hause gefunden.

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