Sibylle Itzerott wertet Satellitendaten über die Erde aus. Ihre Arbeit profitiert von der Bibliothek des Geoforschungszentrums. Nicht nur, weil die Vermessungsgeschichte dort ihren Anfang nahm.
Als Geowissenschaftlerin beobachte ich die Veränderungsprozesse an der Erdoberfläche mithilfe der Auswertung von Satellitendaten – ein Forschungsbereich, der sich rasant entwickelt. Meist geht es um Böden und Vegetation. Seit 2001 arbeite ich am GFZ, dem Helmholtz Zentrum Potsdam Deutsches Geoforschungszentrum auf dem Telegrafenberg in Potsdam. Und genauso lange nutze ich die Bibliothek hier.
Mitten in der Natur: die Bibliothek auf dem Telegrafenberg | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Die Räumlichkeiten sind im traditionsreichen ehemaligen Institut für Geodäsie, also für Vermessung, untergebracht. Das Haus wurde 1892 errichtet. Behutsam und mit Stolz auf unsere Geschichte hat man die Räume für die moderne Bibliotheksnutzung umgebaut.
Online-Recherche in der GFZ-Datenbank | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Der Lesesaal ist nicht groß und bietet nur einige Arbeitsplätze. Für die Forschung in den Naturwissenschaften hat Bibliothek als Raum nicht die Bedeutung wie in einer öffentlichen oder in einer Universitätsbibliothek. Um die Bibliothek des GFZ zu nutzen, muss ich mich nicht dort aufhalten: Denn sie erfüllt primär die Funktionen von Online-Recherche und -Veröffentlichung, ohne die Forschungsarbeit heute nicht möglich ist.
Die Mitarbeiterinnen unterstützen in allen Belangen. | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Wichtigstes Medium dafür sind wissenschaftlichen Zeitschriften, von denen mittlerweile 99 Prozent elektronisch erscheinen. Die Bibliothek des GFZ stellt alle relevanten Beiträge aus den Geowissenschaften online zur Verfügung. Dadurch ist das Recherchieren enorm zeitsparend: Ich kann nach Stichworten oder Autoren suchen – hier werde ich immer fündig. Wenn mir, was selten vorkommt, ein Artikel nicht sofort bereitgestellt werden kann, beauftrage ich eine Dokumentenlieferung, die zwei Tage später da ist.
Der Touch-Screen – praktisch wenn Gäste da sind | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Außerdem unterstützt und berät mich die Bibliothek in allen Fragen des Publikationsprozesses. Denn gerade in unserem Forschungsfeld ist es üblich, wissenschaftliche Informationen frei zugänglich, also Open Access, zu veröffentlichen. Im nächsten Schritt stellen die Mitarbeiter der Bibliothek meinen Aufsatz in die GFZ-Onlinedatenbank GFZpublic ein. Das sorgt dafür, dass er tatsächlich bekannt wird. Bei Büchern oder einer Doktorarbeit kann die Bibliothek auch Verlagsfunktion übernehmen. Wir geben nur eine Textdatei ab, alles andere erledigen die Bibliothekarinnen und Bibliothekare: von der Aufbereitung über die elektronische Publikation bis hin zur Sicherung der Verfügbarkeit.
Für die neuen Wissenschaftler im GFZ bietet die Bibliothek regelmäßig Gespräche, Vorträge oder eine Einführung in die Nutzung ihrer Servicemöglichkeiten an: Wie publiziert man Forschungsdaten als eigene Datenpublikation? Wie nutze ich den Verlagsservice des GFZ?
Gerne schaut sich Sibylle Itzerott auch die alten Vermessungsgeräte an. | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Hier zu arbeiten, ist wirklich ein Genuss – auch wegen der Lokalitäten: der Telegrafenberg mitten in der Natur, die historischen Gebäude. Ich komme sehr gerne an diesen Ort. Das Haus atmet Geschichte: Überall stehen alte Vermessungsgeräte und die alten Bücher und Berichtsbände, die uns heute erzählen, wie Wissenschaft damals funktionierte.
Die Zahl 9,81m/s² für die Fallbeschleunigung wurde mit diesem Pendelapparat bestimmt. | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
In einem Raum steht ein Pendelapparat, mit dem die Größe der Gravitationskraft als Vergleichswert für alle Messungen auf dem Globus bestimmt wurde. Dass das zu unserer Geschichte gehört, darauf sind wir wirklich stolz. Die historischen Geräte sind schön und mechanisch fein gearbeitet, aber auch sehr schwer. Ich glaube, es war wirklich anstrengend, damit zu arbeiten. In den alten Berichten steht, mit welchem personellen Aufwand die bei Vermessungen unterwegs waren, bin ich mir nicht sicher, ob ich das heute machen möchte.
Doch manchmal leihe ich mir hier Werke zur Geschichte der Geodäsie aus, das interessiert mich sehr. Die Geschichte ist nicht nur Basis für unsere heutige wissenschaftliche Arbeit. Es ist auch spannend zu ergründen, wie sich das Wissen zur Form der Erde aus den Ergebnissen verschiedener Forschergruppen zusammensetzte. Gerade im Feld der Satellitenbeobachtung geht es heute ähnlich rasant voran. Da fühlt man sich auch ein bisschen geerdet, wenn man hier im Haus sehen kann, wie die Wissenschaft vor 150 Jahren technisch begonnen hat.
Buchrecherche in der historischen Bibliothek des ehemaligen Instituts für Geodäsie | Foto (Ausschnitt): © Ula Brunner
Dr. Sibylle Itzerott ist leitende Wissenschaftlerin im Deutschen Geoforschungszentrum Potsdam. Ihr Themenfeld ist die angewandte Fernerkundung (Auswertung von Satellitendaten) von Vegetation und Böden. Zudem arbeitet sie als Referentin des Direktors im Department für Geodäsie.
Die
Bibliothek des GFZ auf dem Telegrafenberg in Potsdam versteht sich als wissenschaftliche Serviceeinrichtung. Sie versorgt als gemeinsame Bibliothek des Wissenschaftsparks Albert Einstein auch weitere Institutionen. Die Bibliothek stellt gedruckte und elektronische Medien sowie Informationen zu geowissenschaftlichen Fragestellungen bereit, die für die aktuelle Forschung benötigt werden. Sie ist Ansprechpartnerin in allen Fragen des wissenschaftlichen Publizieren.